In einer späten Reaktion auf den Cambridge-Analytica-Skandal hat Facebook-Chef Mark Zuckerberg nun konkrete Massnahmen angekündigt. Facebook will:
- untersuchen, ob noch andere unbefugt Daten abgesogen haben;
- die betroffenen Personen informieren;
- unbenutzten Apps den Zugriff auf Daten entziehen;
- beim Login per Facebook weniger Daten teilen;
- Nutzer besser über bestehende Kontrollmechanismen aufklären;
- und Entwickler besser belohnen, die Probleme finden.
Das ist alles sinnvoll, reicht aber nicht, um verlorenes Vertrauen wiederherzustellen. Facebook hätte diese Massnahmen schon vor Jahren vornehmen können und müssen. Und zwar nicht erst unter dem Druck eines Skandals, sondern aus eigenem Antrieb – weil Facebook unsere Daten treuhänderisch verwalten muss.
Dass Facebook diese Verantwortung wirklich wahrnehmen will, müsste das Unternehmen mit mehr als öffentlichen Beteuerungen belegen. Doch Facebook ändert intern nichts. Es ist keine Rede von neuen Verantwortlichen oder einer Gewichtsverschiebung von Software-Ingenieuren zu Datenschützern. Man scheint davon auszugehen, die wichtigsten Massnahmen bereits vor Jahren getroffen zu haben und jetzt mit einer Feinjustierung aus dem Schneider zu kommen.
Trotz dieser Kritik sei die Frage erlaubt: Hat Facebook eigentlich wirklich Vertrauen verspielt? Diese Diagnose stimmt nicht – oder könnte gar Wunschdenken der Medien sein, deren Geschäftsmodell und Selbstverständnis Facebook stetig untergräbt. Denn der Entrüstungssturm unter den Meinungsmachern steht in deutlichem Widerspruch zu den Reaktionen aus dem Publikum.
Die lassen sich als Mischung aus Resignation und Indifferenz beschreiben. «Ich habe ja schon immer gesagt, Facebook sei schlimm» und «ich habe eh nichts zu verbergen» sind weitverbreitete Meinungen. Die erste ist die einer Minderheit, was Nutzerzahlen und Quartalsergebnisse belegen. Der zweiten ist zu widersprechen: Der Verlust der Kontrolle über seine Daten bedeutet ein Verlust von Freiheit.
Doch das ist ein reichlich theoretisches Argument. Im verwöhnten Schweizer Alltag haben die wenigsten tatsächlich negative Auswirkungen am eigenen Leib erfahren. Die Demokratie funktioniert. Das Vertrauen in die Behörden ist ungebrochen hoch. Viele nutzen Soziale Medien gern. «Es ist nicht so schlimm, was Facebook treibt»: Das ist möglicherweise nicht Resignation, sondern korrekte Risiko-Abschätzung.
Natürlich könnte es schlimmer werden; die Macht sich unmerklich immer mehr zu Staaten und riesigen, globalen Unternehmen verschieben. Bis es zu spät ist, der Manipulation der gläsernen Bürger noch zu entrinnen.
Das hinterlässt ein mulmiges Gefühl. Doch es ist unplausibel, dass diese diffuse Sorge einen Giganten wie Facebook stürzen könnte. Darauf wettet Facebook. Die meisten werden auf dramatische Gesten verzichten und stattdessen das Pragmatische tun: sich abfinden und durchwursteln.