Hat die Anzahl Bakterien und Viren, die von Zecken übertragen werden können, im Vergleich zu früher zugenommen? Das lässt sich nicht schlüssig beantworten: Zum ersten Mal überhaupt hat eine Studie Zecken aus der Schweiz systematisch nach Krankheitserregern untersucht. Die Forschenden sequenzierten das Gesamterbmaterial von über 10'000 Tieren aus zehn Kantonen und glichen die Sequenzen mit grossen Biodatenbanken ab. Auf diese Weise stiessen sie auf die Genome von mindestens sieben Virusfamilien.
Über gezielte PCR-Tests fanden sie zudem bei fast jeder der untersuchten Zecken Bakterien. Das müsse aber nicht heissen, dass die Häufigkeit der Erreger zugenommen habe, sagt der an der Studie beteiligte Virologe Cornel Fraefel: Es gebe aus der Vergangenheit keine Informationen, mit denen man die Werte vergleichen könnte.
Wie gefährlich ist das neue Alongshan-Virus ALSV für den Menschen? Das neue Alongshan-Virus wird mit erkältungstypischen Symptomen wie Fieber, Kopfweh, Muskel- oder Gelenkschmerzen in Zusammenhang gebracht. In einer chinesischen Studie werden auch heftigere Symptome wie Fatigue oder Depressionen geschildert. Die Medizinerinnen und Mediziner sind hier aber noch sehr vorsichtig mit Schlüssen. Sie sagen, dass das Virus mit diesen Symptomen «assoziiert» scheint. Es ist noch nicht klar, ob es auch die Ursache ist.
ALSV kommt doppelt so häufig vor wie das FSME-Virus, gegen das man sich impfen kann. Wie steht es um eine Impfung bei ALSV? Davon ist man weit entfernt – zumal nicht klar ist, wie gesundheitsrelevant das Alongshan-Virus überhaupt ist. Zurzeit sind die Forschenden in Zürich dabei, serologische Tests zu entwickeln, um Antikörper gegen das Alongshan-Virus im Blut der Patienten identifizieren. Dann weiss man mehr.
Sind neben Menschen auch Tiere von ALSV betroffen? In China hat man das Virus auch bei Schafen und Rindern gefunden, die es aber gut vertragen. Es ist denkbar, dass ALSV auch in Europa ein natürliches Reservoir hat. Aber das ist laut Cornel Fraefel eine Hypothese.
Hat es etwas mit der Klimaveränderung zu tun, dass das Alongshan-Virus aufgetaucht ist, oder hat man es vorher einfach nicht gekannt? Das Algonshan-Virus wurde 2017 erstmals in China entdeckt. Laut den Forschern der Universität Zürich zirkuliert es wahrscheinlich schon länger, nicht nur in China, sondern auch in Europa. Das heisst: Man kannte es einfach nicht.
Gleichzeitig aber haben sich die Bedingungen für krankheitsübertragende Tiere wie Mücken oder Zecken – in der Wissenschaft spricht man von «Vektoren» – durch den Klimawandel verbessert. Das heisst: Diese Tiere übertragen mehr Krankheiten und tun dies effizienter, und sie können dank der milden Winter zunehmend auch in nördlichen Ländern Fuss fassen. Das gilt auch für Zecken: 2023 ist in der Schweiz erstmals die afrikanische Hyalomma-Zecke nachgewiesen worden, die tropische Fieberkrankheiten übertragen kann.
Wie kommt es, dass Zecken in städtischer Umgebung viel mehr Krankheitserreger in sich tragen als andere? Diesen Stadt-Land-Graben hat die Studie ausschliesslich für Borrelien nachgewiesen – jene Bakterien, die zu Borreliose führen. Zecken in städtischen Gebieten sind viermal häufiger Träger von Borrelien als in ländlichen Gebieten. Warum dies so ist, können die Forschenden aber nicht erklären.