Sei es im Winter, wenn es die Unterländer in Scharen in die Berge zieht. Oder an Ostern, Auffahrt, Pfingsten und in den Sommerferien, wenn alle in den Süden reisen möchten. Die Blechlawinen am Gotthard und entlang der San-Bernadino-Route sind dann kilometerlang. Das Resultat? Autofahrer verlassen die Autobahn und verstopfen die Haupt- und Nebenstrassen.
Eigenhändig Ausfahrt gesperrt
Als die Gemeinde Schiers im Prättigau an einem Sonntag im Januar 2022 die Sache selbst in die Hand nahm und kurzerhand eine Ausfahrt sperrte, um den Ausweichverkehr zu unterbinden, wurde sie gerüffelt. Da der gesperrte Abschnitt eine Nationalstrasse ist, schaltete sich auch das Bundesamt für Strassen (Astra) ein: Eigenhändige Strassensperrungen seien illegal, hiess es aus Bundesbern.
Anpassungen in Graubünden
Mittlerweile arbeiten das Bundesamt für Strassen und der Kanton Graubünden zusammen. Autofahrer, welche die Autobahn verlassen, werden auf den Kantonsstrassen ausserhalb der Dörfer mit einem Rotlicht dosiert. Ziel ist es, dass sich der Verkehr nicht in den Dörfern staut. Ein Nebeneffekt: Google-Maps gibt den Stau auf der Kantonsstrasse an und verweist nicht mehr auf sie als Alternativroute.
Widerstand auch in Uri
Auch die Urner haben die Nase voll. An Pfingsten ergoss sich der Reiseverkehr durch die Dörfer. In einer Standesinitiative fordert das Urner Parlament den Bund auf, verschiedenen Massnahmen zu prüfen. Zum Beispiel ein elektronisches Buchungssystem für Gotthard-Durchfahrten, ein sogenanntes «Slot-System». Wer in den Süden will, soll in Zukunft ein Zeitfenster für die Durchfahrt des Gotthard Strassentunnels erhalten und dieses online via App reservieren. Die Anzahl Slots soll sich nach der Kapazität des Tunnels richten. Diese beträgt tausend Autos pro Stunde und Richtung.
Wie im Eurotunnel?
Ein ähnliches System existiert auch für den Eurotunnel zwischen England und Frankreich. Reisende registrieren im Vorfeld einen Slot auf der Website, welche je nach Fahrzeugtyp, Ausstattung und Antriebsart unterschiedlich teuer ausfällt. Auch der Zeitpunkt der Überfahrt beeinflusst den Preis.
Freizeitverkehr dominiert
Im sogenannten Mikrozensus 2021 hat das Bundesamt für Statistik das Mobilitätsverhalten der Schweizer Bevölkerung untersucht. 43 % der aufgebrachten Zeit entfällt auf den Freizeitverkehr, während 28 % auf die Arbeit und rund 15 % auf das Einkaufen entfallen. Interessant: Bereits ab 8 Uhr morgens sind mehr Menschen aus Freizeit- statt aus beruflichen Gründen unterwegs.