Knapp 200 Beschäftigte arbeiten derzeit in Göschenen und Airolo an der neuen Röhre. Bis im Frühling 2024 steigt die Zahl auf je 400 Arbeiterinnen und Arbeiter. Das Ziel ist klar: 2029 sollen die ersten Autos durch den 16.9 km langen Tunnel fahren. Budgetierte Kosten: 2.18 Milliarden Franken.
Wo gibt es aktuell Stau?
«Wir haben einen bunten Strauss an Nationalitäten», sagt Mahle, der aus Deutschland kommt. Es gäbe Mitarbeitende, die wohnen mit ihren Familien seit dem Bau der Neat in Göschenen, andere fliegen am Wochenende nach Portugal, um ihre Kinder zu sehen.
Einige der wenigen Frauen auf der Baustelle ist die Italienerin Rita Caruso. Sie hat lange in Deutschland gelebt und ist eigens für den Bau des Tunnels nach Göschenen gezogen. Sie kennt die Bedürfnisse der Arbeiter bestens – Caruso ist Mitarbeiterin in der Betriebskantine in Göschenen. «Am liebsten haben die Tunnelarbeiter Fleisch, Pasta und Pizza.»
Der Gesamtprojektleiter Udo Oppliger ist ein Einheimischer aus dem Tessin. Dank der Erfahrungen der ersten Röhre des Gotthard-Strassentunnels und der Neat kenne man den Berg bereits bestens.
Rund 50 Jahre nach der Eröffnung des Gotthard-Strassentunnels ist die zweite Röhre damit endlich Realität. Die ersten Bausteine für die neue Röhre legten bereits die Bauarbeiten des bestehenden Tunnels: Die Portale für den Ein- und Ausgang der zweiten Röhre stehen seit 1980 bereit.
Weshalb keine Kapazitätserhöhung?
Der bestehende Strassentunnel ist in die Jahre gekommen und benötigt eine Sanierung. Damit die Durchfahrt durch den Gotthard während den mehrjährigen Renovationsarbeiten nicht blockiert ist, schlägt der Bundesrat den Bau der zweiten Röhre vor. 2016 stimmt das Stimmvolk dem Anliegen zu.
Eines der wichtigsten Versprechen im Wahlkampf: Das Verkehrsaufkommen bleibt auch mit zwei Röhren auf dem heutigen Stand. Sprich: Pro Stunde und Richtung dürfen maximal 1000 Personenwagen und 150 Lastwagen durch den Gotthard fahren.
Um das einzuhalten, dürfen beide Tunnel nur einspurig befahren werden. Die zweite Spur dient als Pannenstreifen. Das Dosier-System für den Schwerverkehr bleibt zudem bestehen.
Wir haben eine Verfassung, die keine Kapazitätserhöhung erlaubt. Das befolgt der Bundesrat mit dieser Lösung.
Gegnerinnen und Gegner der zweiten Röhre bezweifeln allerdings, dass an dieser Lösung festgehalten wird: Wenn in zehn Jahren tausende Schweizerinnen und Schweizer im Osterstau stehen, werden die Reisenden einfach so akzeptieren, dass nur zwei halbe Tunnel befahren werden dürfen?
Doch bis es so weit ist, gibt es noch viel zu tun. Vorerst freut sich Maschineningenieur Florian Mahle darauf, im Frühling 2024 die grosse Tunnelbohrmaschine im Hauptstollen in Betrieb nehmen zu können.