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Gentechnik Soll die Schweiz neue Züchtungstechnologien zulassen?

Mit einem speziellen Gentechnik-Gesetz will der Bundesrat neue Züchtungstechnologien zulassen. Notwendige Innovation oder Gefahr für Mensch und Umwelt?

Gegen Pilzerkrankungen resistente Kartoffeln, Sojabohnen, die auch bei Trockenheit gedeihen, oder Tomaten, die länger haltbar sind. All dies könnte die Gentechnik ermöglichen. Doch die sogenannten «gentechnisch veränderten Organismen» (GOV) haben einen schweren Stand.

Ausgangslage

Seit 2004 ist in der Schweiz das Gentechnik-Gesetz in Kraft. Es schützt Mensch und Umwelt vor Missbräuchen in der Gentechnologie. 2005 wurde an der Urne ein fünfjähriges Gentech-Moratorium angenommen. Seither ist der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen faktisch verboten. Ausnahmen gibt es nur unter strengen Bedingungen für die Forschung.

Das Moratorium wurde mehrfach verlängert. Als das Parlament vor vier Jahren eine erneute Verlängerung bis Ende 2025 bewilligte, erteilte es dem Bundesrat gleichzeitig den Auftrag, den Gentech-Markt zu liberalisieren.

Neues Gentech-Gesetz

Anfangs April hat Bundesrat Albert Rösti einen Entwurf für ein neues Gentechnik-Gesetz (Züchtungstechnologiengesetz) präsentiert. Er will ein risikobasiertes Zulassungsverfahren für Pflanzen aus neuen Züchtungstechnologien in der Schweiz zulassen.

Unterschied zur herkömmlichen Gentechnik

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Als neue Züchtungstechnologien gelten die gezielte Mutagenese und Cisgenese. Man spricht auch von CRISPR-Verfahren oder der «Gen-Schere». Bei der gezielten Mutagenese kann das Erbmaterial von Pflanzen an bestimmten Stellen gezielt verändert werden, ohne dass dabei fremdes Erbmaterial von aussen eingebaut wird. Bei der Cisgenese wird einer Pflanze Erbmaterial eingefügt, das aus derselben oder einer nah verwandten Art stammt.

Dies im Gegensatz zur klassischen Mutagenese und zur Transgenese, die in der Schweiz weiterhin verboten bleiben. Bei ersterer werden in einer Pflanze durch Bestrahlung oder Chemikalien zufällige Mutationen erzeugt. Bei der Transgenese wird ein Gen, das aus einem anderen Organismus stammt, in eine Pflanze übertragen.

Unter die geplante Regulierung sollen nur Pflanzen fallen, die mit neuen Züchtungstechnologien hergestellt wurden, kein transgenes Erbmaterial enthalten, landwirtschaftlichen, gartenbaulichen oder forstwirtschaftlichen Zwecken dienen und einen Mehrwert für Landwirtschaft, Umwelt oder Konsumierende bieten.

Zudem sollen sie einer Umweltrisikobeurteilung unterzogen werden, sofern keine vergleichbare Gentechnik-Pflanze bereits als sicher gilt. Auch eine Kennzeichnungspflicht ist vorgesehen. Die Produkte müssen getrennt von nicht gentechnisch veränderten Waren verarbeitet und transportiert werden.

Gleichzeitig soll das Gentech-Moratorium bis Ende 2030 verlängert werden.

Das sagen die Gegnerinnen

Die Gegner des neuen Gentech-Gesetztes sprechen von einer Mogelpackung. Im Gesetzt wird nur von «neuen Züchtungstechnologien» gesprochen, obwohl es um gentechnisch veränderte Pflanzen und Lebensmittel geht.

Die Schweizer Allianz Gentechfrei ist gegen die geplante Liberalisierung des Gentech-Marktes und fordert eine strenge Regulierung. Zusammen mit weiteren Interessensgruppen hat sie die sogenannte Lebensmittelschutz-Initiative lanciert. Diese fordert eine Deklarationspflicht für gentechnisch veränderte Lebensmittel.

Auch der Schutz der gentechnikfreien Landwirtschaft sei wichtig. Und gentechnisch veränderte Organismen dürfen nur zugelassen werden, wenn Risiken für Mensch, Tier und Umwelt geprüft wurden.

Das sagen die Befürworter

Bauern und die Agrarindustrie kämpfen für eine möglichst freie Nutzung der Gentechnik. Mit der neuen Technik lasse sich die Züchtung beschleunigen. Damit könne man auf Klimawandel, Schädlinge und Krankheiten besser reagieren und Ernteausfälle reduzieren. Auch der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln könnte verringert werden. Eine Deklarationspflicht und die Trennung von verschiedenen Sorten bei Produktion und Import wird abgelehnt. Der Aufwand wäre viel zu gross.

Diskutieren Sie mit

Sollen in der Schweiz neue Züchtungstechnologien und damit auch gentechnisch veränderte Pflanzen zugelassen werden oder nicht? Wie gross ist der Nutzen? Und wäre der Schutz von Mensch und Umwelt gewährleistet? Diskutieren Sie mit in den Kommentaren.

Gäste in der Sendung

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Legende: SRF

Am Donnerstag, 24. April 2025, 10.00 bis 11.00 Uhr, diskutiert Stefan Flury mit folgenden Gästen:

  • Dr. Christian Ochsenbein, Geschäftsführer Delley Samen und Pflanzen AG / Vorstandsmitglied «Sorten für Morgen»
  • Claudia Vaderna, Geschäftsführerin der Schweizer Allianz Gentechfrei

Online: Pascale Folke

Radio SRF 1, 22.02.25, 17.20

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