Seit 2005 gilt ein Moratorium für gentechnisch veränderte Produkte. Es wurde mehrfach verlängert und läuft in den nächsten Jahren aus. In der Zwischenzeit hat sich die Stimmung in der Politik gewandelt und neue Gentech-Methoden finden deutlich mehr Zustimmung als die alten.
Wir sind angewiesen auf robuste Pflanzen, respektive robustes Saatgut.
Die Zeiten hätten sich geändert, sagt Alois Huber, SVP-Nationalrat und Vize-Präsident des Schweizer Bauernverbands: «Wir haben viel mehr Probleme im Pflanzenbau, weil viele Pflanzenschutzmittel nicht mehr eingesetzt werden dürfen. Entsprechend sind wir angewiesen auf robuste Pflanzen, respektive robustes Saatgut.»
Alois Huber ist inzwischen offen gegenüber neuen Gentech-Methoden. Denn diese seien mit den alten nicht zu vergleichen. Mit den neuen Methoden wird das Erbgut viel gezielter geändert als bei den herkömmlichen Gentech-Methoden.
Mit den neuen Methoden sind die Risiken markant, bis schon fast auf null reduziert worden.
Auch der einstige Gentech-Gegner und GLP-Nationalrat Martin Bäumle hat in den letzten Jahren seine Meinung revidiert: «Der Konsument möchte gesunde, biologische und möglichst wenig behandelte Produkte. Mit den neuen Methoden eröffnen sich klare Chancen. Die Risiken sind dabei markant bis schon fast auf null reduziert worden.»
Der Bundesrat drängt ebenfalls auf eine Zulassung neuer Gentech-Methoden: Anfang September hat er ein Spezialgesetz angekündigt – zu «neuen Züchtungstechnologien», wie er sie nennt. Der «Tagesanzeiger» berichtete Mitte Woche darüber.
Allianz Gentechfrei: Bundesrat «irreführend»
Claudia Vaderna, Geschäftsführerin der Schweizer Allianz Gentechfrei, wirft der Regierung vor, nicht klar zu kommunizieren: «Der verwendete Begriff ‹neue Züchtungstechnologien› ist irreführend, denn damit ist der Bevölkerung nicht klar, dass es sich hier um Gentechnik handelt.»
Die neuen genomischen Techniken befinden sich immer noch im Anfangsstadium. Man weiss noch zu wenig, ob sie sicher sind.
Gentechnik sei Gentechnik, sagt Vaderna. Es ergebe keinen Sinn, die neuen Methoden in einem separaten Gesetz zu regeln. Zudem hätten sich die neuen Methoden in der Praxis noch gar nicht bewährt: «Die neuen genomischen Techniken befinden sich immer noch im Anfangsstadium. Man weiss noch zu wenig, ob sie sicher sind.»
Anfang September ist die Unterschriftensammlung für die Lebensmittelschutz-Initiative gestartet. Sie fordert strenge Regeln für die Anwendung von Gentechnik.
Lebensmittelschutz-Initiative mit klaren Forderungen
Unterstützt wird die Initiative neben der Allianz Gentechfrei auch von Bio Suisse, Greenpeace und weiteren Umweltorganisationen. Im Vergleich zu 2005, als die Bevölkerung dem Gentechmoratorium zugestimmt hatte, fehlt heute aber etwa der mächtige Bauernverband.
Und auch bei vielen Umweltschutzverbänden ist das Thema Gentechnik nicht mehr zuoberst auf der Prioritätenliste. Etwa beim WWF, der vor einigen Jahren aus der Allianz Gentechfrei ausgetreten ist. Nicht aus inhaltlichen, sondern aus Ressourcengründen, heisst es auf Anfrage. Der WWF beschäftige sich nicht mehr mit Gentechnik.
Dass Gentechnik derzeit wenig Aufmerksamkeit geniesst, stellt auch Claudia Vaderna fest. Die Schweizer Allianz Gentechfrei verzeichnet offenbar seit dem Frühling einen Spendenrückgang. Vaderna bestätigt entsprechende Informationen von Radio SRF. Die Gründe seien aber vielfältig: auch andere NGOs beobachten einen Rückgang bei den Spenden. Dennoch hofft sie, dass die Lebensmittelschutz-Initiative auch die Gentechnik-Problematik wieder verstärkt in den Fokus rückt.