Das sind die Pläne der EU-Kommission: Sie schlägt in einem Gesetzesentwurf vor, dass die Regeln für gentechnisch veränderte Pflanzen deutlich gelockert werden. Im Fokus stehen neue Techniken wie etwa die Genschere CRISPR/Cas, mit denen präzise Eingriffe am Erbgut möglich sind. Die EU-Kommission verspricht sich davon, dass robustere Pflanzen entwickelt werden können, die resistenter gegen Schädlinge oder klimatische Veränderungen sind. So sollen auch weniger Düngemittel und Pestizide nötig sein.
Was bedeutet das für die Schweiz? Hierzulande gilt seit 2005 ein Gentechmoratorium. Darum darf die Landwirtschaft gentechnisch veränderte Pflanzen nicht anbauen. Ausgenommen ist der Einsatz zu Forschungszwecken. Zuletzt wurde das Moratorium bis 2025 verlängert. Es ist denkbar, dass die Schweiz die vorgeschlagenen Änderungen der EU-Kommission in Zukunft teilweise übernimmt, sofern der Gesetzentwurf gebilligt wird.
Wie reagiert die Biolandwirtschaft? Laut der EU-Kommission sollen die neuen Gentechnikverfahren nicht bei Bio-Lebensmittel eingesetzt werden. Trotzdem sieht der Verband Bio Suisse die Schweizer Biolandwirtschaft in Gefahr. «Die EU-Kommission hat das Wording der Industrie mit vielen Versprechen übernommen», kritisiert Präsident Urs Brändli den Gesetzesentwurf. «Wir sehen viele grosse Risiken.» Der Biobauer befürchtet, dass gentechnisch veränderte Pflanzen nicht mehr als solche gekennzeichnet werden müssten. «Dementsprechend könnten wir die Gentechfreiheit im Biolandbau nicht mehr garantieren», sagt er. Der Verband geht davon aus, dass sich Bundesrat und Parlament im Umgang mit den neuen Gentechniken stark an der EU orientieren werden.
Das sagt der Bauernverband: «Wir beobachten die Entscheide der EU mit grossem Interesse», sagt Markus Ritter, Präsident des Schweizer Bauernverbands. «Sie bilden die Grundlage für die spätere Regulierung in der Schweiz.» Entscheidend für seinen Verband sei es, wie die neuen Regeln hierzulande umgesetzt würden und wie sie die Konsumentinnen und Konsumenten auffassen. Dazu brauche es Diskussionen.
Das fordert der Konsumentenschutz: In einem Supermarkt müssten die Leute erkennen können, ob ein Lebensmittel gentechnisch verändert worden ist. Deshalb verlangt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz, dass auch die neuen Gentechverfahren, die im Fokus der EU stehen, unter das bestehende Gentechnikgesetz fallen. «Erst dann kann man sie deklarieren, und erst dann haben die Leute die Möglichkeit, zu entscheiden, ob sie eine Gentechmethode unterstützen oder nicht.» Aus Umfragen wisse man, dass die Skepsis sehr gross sei. «Wir gehen davon aus, dass Konsumentinnen und Konsumenten das nicht tolerieren würden», glaubt Stalder.
Forscher begrüsst Pläne der EU: «Wir warten seit vielen Jahren, dass sich die Regulierung der Gentechnik ändert und verbessert», sagt Beat Keller, Professor für Pflanzenmolekularbiologie an der Universität Zürich. Er sieht viele Möglichkeiten dank der neuen gentechnischen Verfahren: So könnten Pflanzen resistent gegen verschiedene Krankheiten gemacht werden oder die Fruchtqualität verändert werden. Doch die geltenden Gesetze würden solche Anwendungen noch verhindern. «Für die Landwirtschaft ist es eine Chance, dass man nicht den Anschluss an den Rest der Welt verliert», sagt Keller.