November 2019. Ich bin mit Giovanni Monchiero verabredet, er ist der Rektor der Trüffelhunde-Universität in Roddi und das ist kein Scherz. Roddi ist ein kleines Nest, zirka 15 Autominuten von Alba entfernt, also mitten im Piemont, im Paradies der weissen Alba Trüffel, die man vom 21. September bis 31. Januar ernten darf. Naja, ernten ist ein grosses Wort.
Wir sind verabredet. Es ist früher Morgen. Es ist neblig, feucht und kalt. Mit Giovanni Monchiero treffen wir uns auf einem Parkplatz bei einer unscheinbaren Bar. In dieser Bar hocken Trüffelsucher beim «caffè». An ihren Hosenbeinen kann man sie leicht erkennen, die meisten haben Zigaretten- und Erdfingernägel. Ferner einen verschlagenen Blick. Ein weiteres untrügliches Erkennungszeichen für Trüffelsucher ist der Fiat Panda. Die gibt es hier in allen Farben, aber ihre Reifen sind immer hellbraun.
Natürlich kann man als Tourist mit zweifelhaften Gestalten auf Trüffelsuche gehen, aber meistens sind das einfach nur gut getarnte Verkaufsshows. Der wahre Trüffelsuchende scheut fremden Menschen, er scheut das Rampenlicht und manche scheuen sogar das Tageslicht: Sie suchen nur bei Nacht, damit ihnen niemand folgen kann. Die Eifersucht geht um, denn wo es Trüffel gibt, da geht es auch um Geld.
Eine Passion
Für Giovanni Monchiero ist das Trüffeln seit über 50 Jahren «una passione», wie er sagt. Kein Geschäft. Und dennoch kann ein Trüffelsucher mit seinem Hobby in der Saison gut und gerne 10‘000 Euro verdienen. Giovanni Monchiero sei es viel wichtiger, in der Natur zu sein, die Hunde zu trainieren und frische Luft zu schnuppern. Er ist stolz, die vierte Generation einer Familie zu verkörpern, die das tut.
Das Herz eines Trüffelsuchers kann man am Umgang mit seinen Hunden erkennen. Und Giovanni muss ein gutes Herz haben. Er ist nämlich der vierte Rektor der, 1880 von Antonio Monchiero in Roddi gegründeten, «Università dei Cani da Tartufo». Natürlich haben seine eigenen Trüffelhunde ebenfalls seine eigene Universität absolviert. Verspielt sind sie, die kleine Vicky (Zwergpinscher) und die umtriebige Lady (Vierfruchtmix). Im Wäldlein rennen sie los, für sie ist das hier ein Spiel. Nichts Seriöses.
Etwas Grosses
Man kann schon jetzt sagen: 2023 ist ein gutes Trüffeljahr. Trüffel brauchen Wasser, da sie aus über 70 Prozent aus Wasser bestehen. Wenn es im Juli regnet, dann ist das gut für die Trüffel. Und natürlich geht es nicht ohne das geeignete Substrat. Trüffel kann man oft unter Pappeln, Eichen oder Haselnusssträuchern ausbuddeln.
Plötzlich scharrt Lady und setzt sich ungeduldig hin. Das ist etwas Grosses. Ein weisser Alba Trüffel sitzt, wie ein Herz, verschlungen zwischen zwei Wurzelsträngen. Alles riecht nach Trüffel. Nach einer archäologisch anmutenden, 30-minütigen Bergungsaktion liegt er vor uns. Ein Tuber Magnatum Pico, 240 Gramm. Ein Prachtexemplar.
«Natürlich», sagt Giovanni, «kommt man in eine Art von Wahn, denn so ein Fund ist nichts Alltägliches». Manchmal streift er sieben Stunden und mehr durch den Wald, ohne irgendetwas Schlaues zu finden. Giovanni strahlt: «Du scheinst mir Glück zu bringen, bleib doch noch eine Woche.» Das überlege ich mir tatsächlich. Für Kost und Logie.