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Kriminalfälle in der Schweiz Wie gross sind die Chancen, einen Cold Case zu lösen?

Als Cold Cases bezeichnet man ungelöste Kriminalfälle. «SRF DOK» beleuchtet drei solche Fälle, die teilweise Jahrzehnte zurückliegen und die Polizei und die Staatsanwaltschaften immer wieder beschäftigen. Im Kanton Basel-Landschaft gibt es bei der Polizei dafür eine eigene Fachstelle. Ein Gespräch mit Michael Lutz, Mediensprecher der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft.

Michael Lutz

Kommunikationsbeauftragter Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft

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Michael Lutz ist Kommunikationsbeauftragter der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft. Im Zuge dieses Interviews gibt er Auskunft über die Arbeit der Task Force für Cold Cases der Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft.

SRF: Was muss passieren, dass man in der «Cold Case»-Taskforce einen Fall wieder aufrollt? Das prominenteste Beispiel ist der Fall einer Sexarbeiterin, die vor einem Jahr umgebracht wurde.

Michael Lutz: Es sind zweierlei Sachen. Es kann plötzlich einen Hinweis, einen Ermittlungsansatz, geben. Wenn etwa eine Zeugin oder ein Zeuge auftaucht und sagt: «Zu diesem Fall habe ich neue Informationen.» Dann würde man den Fall natürlich sofort neu aufrollen.

Es kommt immer wieder vor, dass man Cold Cases lösen kann.

Was aber die Fachstelle Cold Cases insbesondere macht, sie nehmen die alten Fälle ohne besonderen Anlass immer wieder hervor und schauen sie aus heutiger Optik durch. Vor 15 oder gar 20 Jahren hatte man noch nicht die gleichen forensischen Möglichkeiten wie heute. Man überlegt sich, ob man beispielsweise mit modernen Möglichkeiten, im DNA-Bereich beispielsweise, etwas hervorholen könnte, das damals noch nicht möglich war.

Wann wird entschieden, dass man nicht mehr ermittelt?

Man orientiert sich an den Ergebnissen, die man in der Strafuntersuchung erzielt. In dem Moment, in dem man keine Spur mehr hat, die man verfolgen kann, keine Hinweise mehr hat, denen man nachgehen kann, sistiert man in der Regel ein Verfahren. Man legt die Akten aber nicht komplett weg, sondern man nimmt sie wieder hervor und bearbeitet weiter, sobald neue Ermittlungsansätze auftauchen.

Wann gilt ein Fall als verjährt?

Das ist von Fall zu Fall unterschiedlich. Es kommt auf das Delikt an. Die Verjährungsfristen sind in der Schweiz im Strafgesetzbuch im Artikel 97 geregelt. Dort gibt es vier Abstufungen, wann Delikte verjähren.

Verjährungsfristen – Strafgesetzbuch Art. 97

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Frau liest im Strafgesetzbuch
Legende: Keystone/Gaetan Bally
  • Delikt, das mit einer lebenslängliche Freiheitsstrafe bedroht ist – Verjährungsfrist: 30 Jahre
  • Delikt, das mit einer Freiheitsstrafe von mehr als 3 Jahren bedroht ist – Verjährungsfrist: 15 Jahre
  • Delikt, das mit einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren bedroht ist – Verjährungsfrist: 10 Jahre
  • Delikt, bei dem das Gesetz eine andere Strafe vorsieht – Verjährungsfrist: 7 Jahre

Wenn bei einem Mord also zum Beispiel nach 35 Jahren etwas zum Vorschein kommt, dann nimmt man den Fall nicht mehr hervor?

Wenn ein Delikt verjährt ist, dann wird die Strafuntersuchung wegen Verjährung eingestellt. Eine allfällige Tatperson kann man dann auch nicht mehr bestrafen. Das ist so, ja.

Kann man sagen, wie gross die Chancen sind, dass Cold Cases gelöst werden können?

Statistisch belastbare Zahlen haben wir nicht. Aber es kommt tatsächlich immer wieder vor, dass man Cold Cases lösen kann. Die Staatsanwaltschaft Basel-Landschaft und unsere Polizei waren 2022 in der Sendung «Aktenzeichen XY ungelöst» mit dem Fall Ana-Paula. Wir haben da viele Hinweise erhalten. Diesen Hinweisen gehen wir jetzt sehr akribisch nach.

Ich weiss, dass ebenfalls im Jahr 2022 Kollegen der Thurgauer Staatsanwaltschaft in der Aktenzeichen-Sendung waren. Dank Hinweisen, die nach der Sendung eingegangen sind, konnten sie einen solchen alten Fall lösen.

Das Gespräch führte Sara Belgeri.

Radio SRF 1, 15.2.2024, 7:17 Uhr ; 

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