Täglich erhält die Mundartredaktion Fragen aus der SRF-Community zu Schweizer Dialekten und zur Herkunft von Familien- und Flurnamen. Mundartredaktor André Perler und sein Team beantworten diese. Wie er zu seinen Antworten kommt und warum auch das Internet eine gute Quelle sein kann, verrät er im Interview.
Radio SRF 1: Was nimmt die SRF-Mundart-Community am meisten wunder?
André Perler: Sehr viele Anfragen betreffen Familiennamen. Offenbar wollen ganz viele Leute wissen, warum sie so heissen wie sie heissen. Diese Fragen beantworten unsere Kollegen vom Schweizerdeutschen Wörterbuch Idiotikon. Jede Woche können wir so zwei neue Namen erklären. Da wir aber sehr viele Anfragen erhalten, kann es trotzdem Jahre dauern, bis ein Familienname am Radio erklärt wird.
Wonach fragt die Community nebst den Familiennamen?
Zum einen sind es Orts- und Flurnamen, manchmal der eigene Wohnort, manchmal ein Ort, an dem man auf einer Wanderung oder Velotour vorbeigekommen ist. Vor allem bei lustigen oder rätselhaften Flurnamen möchten die Leute mehr über den Ursprung wissen.
Und dann gibt es natürlich viele Fragen zu Mundart-Wörtern und -Redewendungen – oft alte, die man nur noch von der Grossmutter oder dem Vater kennt.
Etwas seltener, aber nicht weniger interessant sind die grösseren Fragen: Wie ist eigentlich Schweizerdeutsch entstanden? Oder: Warum wird das «R» je nach Dialekt unterschiedlich ausgesprochen?
Wie gehst du vor, wenn du so eine Anfrage beantwortest?
Ich konsultiere zuerst die wichtigsten Nachschlagewerke: Bei Orts- und Flurnamen ist das www.ortsnamen.ch, wo alle von der Namenforschung bearbeiteten Namen zu finden sind – oft mitsamt einer sprachwissenschaftlichen Deutung.
Bei Mundart-Wörtern und -Redewendungen schaue ich zuerst im Schweizerischen Idiotikon nach – auch das ist online einsehbar: www.idiotikon.ch. Viele Wörter finde ich da schon.
Und dann gibt es ja auch noch jede Menge regionale Dialekt-Wörterbücher, die ich nach Bedarf ebenfalls konsultiere. Viele dieser Dialekt-Wörterbücher stehen bei uns in der Redaktion. Und dann gibt es für die deutsche Sprache allgemein eine Menge Nachschlagewerke, von denen viele auch online zugänglich sind – etwa auf www.woerterbuchnetz.de.
Du googelst nicht?
Doch natürlich. Da bin ich keine Ausnahme. Internet-Suchmaschinen sind riesige Nachschlagewerke mit Zugriff auf unglaublich viele Daten.
Es ist aber nicht immer ganz einfach, im Internet nach Dialektwörtern zu suchen. Man muss zum Beispiel verschiedene Schreibweisen ausprobieren. Aber mit etwas Übung kann man im Internet durchaus fündig werden – gerade, was neuere Belege für Wörter oder Redewendungen betrifft. Schweizerdeutsch wird ja auch immer öfter geschrieben – auch im Internet.
Wie wird aus den gefundenen Informationen ein Radio- oder Videobeitrag?
Das ist die Kunst der Wissenschaftsvermittlung, beziehungsweise des Journalismus. Ich muss die Informationen ordnen, zueinander in Beziehung bringen und das Resultat in einer Sprache wiedergeben, welche das breite Publikum versteht – nicht nur Sprachwissenschaftlerinnen.
Eigentlich erzähle ich Geschichten: Woher ein Name oder ein Wort kommt, warum es sich wie verändert hat und wie es heute verwendet wird. Ich versuche mir immer ein Gegenüber vorzustellen, dem ich diese Geschichten erzähle und die Zusammenhänge erkläre.