Fremdes «einschweizern»
Gelungen ist eine Übersetzung erstens, wenn der Text etwas mit uns zu tun hat. Das gelingt zum Beispiel der Zürcher Band Dabu Fantastic in ihrer Mundartversion des Songs «MfG» der deutschen Hip-Hopper Die Fantastischen Vier.
Der Text ist eine endlose Reihe von Abkürzungen, im Original beginnend mit «ARD, ZDF, C&A, BRD, DDR und USA». Dabu Fantastic ersetzen in ihrer Version alles Deutschlandspezifische: «SRG, SRF, C&A, Baselland, Baselstadt und USA». Und im Refrain kommt zur Swissness noch der Humor hinzu, indem sie «MfG – mit freundlichen Grüssen» einschweizern zu «Msg – Mir säged grüezi». Gelungen!
Von Wind und Abenteuern bei Lou Reed
Eine meisterliche Übertragung auf schweizerische Verhältnisse ist «Lue zersch wohär dass dr Wind wääit» von Züri West. Die Botschaft des Originals «Walk on the wild side» von Lou Reed lautet: «Stürz dich voll ins Abenteuer, aber verliere dabei nie den Überblick».
Kuno Lauener dagegen rät den Schweizer Landeiern, die es in die Zürcher Partyszene verschlägt, sie sollen zuerst abchecken, woher hier der Wind weht. Ansonsten werden sie garantiert übers Ohr gehauen. Seine Figuren sind weit weg von denen des Originals, so weit wie die Schweiz von den USA – und treffen doch genau ins Herz von Lou Reeds Song.
Sinas Pfarrerssohn
Streitbar ist die Übersetzung von Dusty Springfields «Son of a preacher man», die Polo Hofer für die Walliser Sängerin Sina schrieb. Nicht wegen der Sprache! Hofer habe den Text perfekt in die Schweizer Mentalität übersetzt, schwärmt Sina in einem Interview. Sie habe ihn bloss noch ans Walliserdeutsche anpassen müssen.
Aber ein Pfarrerssohn im katholischen Wallis? «Klar, dass der Sohn vom Pfarrer, den es ja offiziell nicht gibt, ein bisschen Aufruhr bedeutet», bekennt Sina. Kalkulierte Provokation also, kein kultureller «Übersetzungsfehler».
Englische Ausdrücke, eigenartige Pluralformen oder Germanismen: Der schöne Schweizer Dialekt geht bachab. Wie schlimm steht es um unsere Sprache? Nadia Zollinger ist besorgt, doch SRF-Dialektforscher Markus Gasser sieht die ganze Sache lockerer.
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Wenn der Sprachfluss holpert
Gelungen ist eine Übersetzung zweitens, wenn der Flow des Originals auch einen Song im Schweizerdeutschen trägt. Das klappt selten, wenn man wörtlich übersetzt, wie es der Zürcher Sänger Ayo Hope im Cover von Tracy Chapmans Superhit «Fast car» macht.
«You got a fast car» übersetzt er mit «du häsch en schnälle Charä». Das sind sieben statt fünf Silben, der Rhythmus holpert schon im ersten Satz. Und so geht es weiter. Zum Glück singt Ayo Hope den Song so engagiert, dass er trotzdem funktioniert.
Das «träfe» Wort
Drittens gelingt eine Übersetzung, wenn der Musiker oder die Musikerin treffende Sprachbilder findet. In «Don't Think Twice, It's All Right» von Bob Dylan rechnet das lyrische Ich bitterböse mit einer verflossenen Liebe ab. Sein finaler Ratschlag an sie: «Denk nicht zweimal darüber nach, es ist gut so».
Altmeister Toni Vescoli übersetzt diese Zeile mit «Dänk nöd z heiss, s isch scho rächt». Er kreiert also ein eigenes Sprachbild, um den Klang des Originals ins Zürichdeutsche zu retten.
Kuno Laueners Volltreffer
Für dieselbe Textzeile findet Kuno Lauener eine andere Formulierung: «Mir wei nid grüble». Das ist keine blosse Übersetzung, sondern eine Übertragung in die hiesige Mentalität. Denn dieser Ausdruck ist so unglaublich schweizerisch! Und somit genau das, was «don't think twice» im Kern bedeutet. Genial!
Eigenständige Kunstwerke
Was also macht die gelungene Übersetzung aus? Sicher nicht das Kriterium «besser als das Original». Es geht ja nicht um einen Wettbewerb. Überzeugend ist die Mundartversion eines Songs, wenn sie zum eigenständigen Kunstwerk wird. Das wiederum merkt man daran, dass man beim Hören das Original vergisst.
Was ist Ihrer Meinung nach die beste schweizerdeutsche Übersetzung eines Songs? Schreiben Sie es unten in die Kommentare!