Der Verein VoCHabular beantwortet diese Frage mit einem Lehrmittel für Mundart und Hochdeutsch zugleich. Von diesem Selbstlernkurs profitiert hat zum Beispiel der Iraner Rahim Mohammadzadeh.
Verein VoCHabular
Aus «bitte warte rasch!» wird «watschnä!»
Der Unterschied zwischen geschriebener und gesprochener Sprache ist in jedem Land beträchtlich. Beim Sprechen herrscht das Gesetz der Ökonomie: Da wird gekürzt, übersprungen und vereinfacht. Wer erinnert sich nicht an die Ernüchterung, dass man in Paris mit seinem Schulfranzösisch nicht weit kommt?
In der Deutschschweiz ist diese Distanz zwischen Standardsprache und mündlicher Alltagssprache besonders gross. Schweizerdeutsch klingt so anders als Hochdeutsch, dass viele von zwei Sprachen reden. Auch der Wortschatz unterscheidet sich teilweise markant. Anita Weyermanns legendäres «Gring ache u seckle» ist lexikalisch etwas völlig anderes als «Augen zu und durch».
Rahim Mohammadzadehs Sprachodyssee
Wer sich hier sprachlich integrieren möchte, muss deshalb praktisch zwei Sprachen zugleich lernen. Rahim Mohammadzadeh ist vor rund sechs Jahren aus dem Iran in die Schweiz geflüchtet und wartet noch immer auf die definitive Aufenthaltsbewilligung. Freunde haben ihm früh empfohlen, Hochdeutsch zu lernen, wenn er sich hier integrieren und eine Arbeitsstelle finden wolle.
Mittlerweile fällt ihm ein hochdeutsches Interview über seine Sprachodyssee, die ihn vom Persischen über das Englische zum Deutschen geführt hat, hörbar leicht.
«Es ist besser für mich, Mundart zu lernen»
Aber die Standardsprache reicht ihm nicht. «An einer Sitzung zum Beispiel bin ich der einzige, der nicht Mundart versteht. Dann wechseln alle aus Höflichkeit auf Hochdeutsch. Das ist schwierig für mich. Ich habe mir in meinem Herz gesagt, ich muss Mundart lernen, damit nicht alle wegen nur einer Person ihre Sprache wechseln müssen.»
Der Verein VoCHabular
Allerdings werden hierzulande nur wenige Mundartkurse angeboten. Das «Selbstlernmittel Hochdeutsch & Schwiizertüütsch» des Vereins VoCHabular kommt ihm daher wie gerufen. Dank einer Ausgabe in Farsi (Persisch), kann er in seiner Muttersprache parallel Deutsch und Mundart lernen.
Englische Ausdrücke, eigenartige Pluralformen oder Germanismen: Der schöne Schweizer Dialekt geht bachab. Wie schlimm steht es um unsere Sprache? Nadia Zollinger ist besorgt, doch SRF-Dialektforscher Markus Gasser sieht die ganze Sache lockerer.
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Es wird zwar ein einfaches und hochdeutschnahes Zürichdeutsch vermittelt. Aber das Lehrmittel ermöglicht Rahim Mohammadzadeh, im Selbststudium gewisse Grundlagen der Mundart im Vergleich mit der Standardsprache systematisch zu lernen.
Dem Tischgespräch folgen können
Genau das sei die Absicht gewesen, bestätigt Miriam Häfliger vom Verein VoCHabular. Denn fehlende Mundartkenntnisse führten in der Schweiz zu sozialer Isolation, und das wiederum widerspreche einer inklusiven Gesellschaft. Mit dem Selbstlernmittel soll zunächst passive Kompetenz erworben werden. Dass man beim Znacht dem Gespräch in der Gruppe folgen könne, zum Beispiel. Selber könne man gut auf Hochdeutsch reden, das werde ja immer als Erstes gelernt.
Rahim Mohammadzadeh unterscheidet für sich ganz klar: «Wenn es um Freundschaft und Freizeit geht, sage ich immer: Bitte Mundart! Aber wenn es um meine Situation geht, wo ich alle Wörter verstehen muss, zum Beispiel ein Interview mit einer Behörde, dann sage ich: Bitte Hochdeutsch.»
Schwierigere Fälle wie «Gring ache u seckle» kommen dann in einer späteren Phase. Band zwei des Selbstlernmittels von VoCHabular ist jedenfalls schon in Vorbereitung.