Für unsere Verständigung ist es von Vorteil, wenn ein Wort für alle dasselbe bedeutet. Das ist jedoch längst nicht immer der Fall. Viele Wörter werden in der Alltagssprache mit ungenauer Bedeutung verwendet. Das stört normalerweise die Verständigung nicht. Aber manchen Menschen fällt es auf. In welchem Bereich achten Sie auf Ihre Wortwahl? Hier kommen fünf verbreitete Sprach-Tüpflischiisser-Typen (Mehrfachzugehörigkeit ist gut möglich).
Typ 1: Die inhaltlich Genaue
Immer wieder ist die Rede von «Mund-zu-Mund-Propaganda». Es müsste aber eigentlich «Mund-Propaganda» heissen (so lautete das Wort ursprünglich) oder allenfalls «Mund-zu-Ohr-Propaganda». Beeinflusst vom Ausdruck «Mund-zu-Mund-Beatmung» passte sich das Wort an – und praktisch niemandem fällt es auf.
Weiteres Beispiel: Amerika für USA («Amerika» bezeichnet eigentlich den ganzen Kontinent).
Typ 2: Der Politisch-Aktivistische
Der ehemalige SRF-Mundartredaktor Christian Schmid fordert, man müsste statt von der «Klimakrise» von einer «Klimazerrüttung» sprechen. Das würde aus seiner Sicht das Ausmass der Situation besser treffen. Denn eine Krise (von griechisch krísis, Entscheidung, entscheidende Wendung) gehe vorüber, während die aktuelle Veränderung des globalen Klimas unumkehrbar sei.
Weiteres Beispiel: «Femizid» betont im Gegensatz zu Wörtern wie «Beziehungsdelikt» oder «Ehrenmord» den Aspekt, dass das Opfer getötet wurde, weil es weiblich war.
Typ 3: Die Sprachsensible
Spricht jemand vom «HIV-Virus», dann ist das doppelt gemoppelt. Das «V» in «HIV» bedeutet nämlich schon «Virus». Dasselbe gilt für «PIN-Nummer» – das «N» steht bereits für «Nummer».
Weiteres Beispiel: Alternative (wird oft für ‘eine von vielen Optionen’ verwendet – die ursprüngliche Bedeutung ist aber ‘eine von genau zwei Optionen’).
Englische Ausdrücke, eigenartige Pluralformen oder Germanismen: Der schöne Schweizer Dialekt geht bachab. Wie schlimm steht es um unsere Sprache? Nadia Zollinger ist besorgt, doch SRF-Dialektforscher Markus Gasser sieht die ganze Sache lockerer.
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Typ 4: Der Mundart-Polizist
«Es heisst zwe Manne, zwo Froue, zwöi Ching!» Im Kanton Bern haben diesen Satz wohl fast alle schon einmal gehört. Das war tatsächlich die gängige Sprachpraxis im gesamten Schweizerdeutschen – vor über hundert Jahren. Mittlerweile hat sich «zwöi», «zwei» oder ähnlich für alle drei grammatischen Geschlechter in vielen Dialekten durchgesetzt. Aber einige (vor allem Berner) Mundart-Polizisten weisen andere immer noch gerne auf diese alte «Regel» hin.
Weiteres Beispiel: Germanismus-Kritik: «Es heisst «Rüebli» und «Ross», nid «Karotte» und «Pfärd»!»
Typ 5: Der Ultrapedant
In den Medien ist regelmässig von «tragischen Unfällen» zu lesen. Der Germanist Martin Ebel erklärt in seiner «Sprachsprechstunde», diese Verwendung von «tragisch» im Sinne von ‘schlimm’ sei falsch. «Tragisch» leite sich von der Theatergattung der Tragödie ab. Dort komme der Held zu Fall, weil er entweder die Wahl zwischen zwei verheerenden Handlungen habe oder weil er sich vergebens gegen sein Schicksal auflehne (z.B. Ödipus). Das sei nicht zu vergleichen mit einem Unfall.
Weiteres Beispiel: «Exponentiell wachsen» bedeutet ‘gemäss einer Exponentialfunktion wachsen’, wird aber meistens für jedes stark ansteigende Wachstum verwendet.
Wo nehmen Sie es ganz genau mit der Sprache? Schreiben Sie es unten in die Kommentare!