Wenn Politikerinnen oder Fussballer aus dem Freiburger Sensebezirk Interviews im nationalen Fernsehen geben, dann hört man ihnen kaum an, dass ihre Muttersprache Senslerdeutsch ist. Sie passen sich an – meist ans benachbarte Berndeutsche.
Ein Paradebeispiel dafür ist der Fussballnationalspieler Michel Aebischer.
Er sagt «gloube» statt «glùùbe», «Spiu» statt «Spûü» und «es wird schwirig» statt «as chunnt schwirig». Der Sensler Michel Aebischer tönt im Interview fast wie ein waschechter Berner.
Anpassung ist natürlich
Dass man sich im Kontakt mit Menschen, die einen anderen Dialekt sprechen, anpasst, ist ganz natürlich. Zu einem gewissen Grad machen wir das alle unbewusst und schaffen so eine gemeinsame Gesprächsbasis.
Manche aber passen ihren Dialekt stark ans Gegenüber an oder sie schwächen auffällige Merkmale ihres Dialekts ab und verzichten auf urchige Wörter.
Anpassung als Verrat am Dialekt
So wie Michel Aebischer. Am Anfang habe er sich bewusst angepasst, weil die Mitspieler sein Senslerdeutsch nicht immer verstanden hätten, sagt er. Mittlerweile «passiere» es einfach.
Unter den Senslerinnen und Senslern löst das Unkenrufe aus. Aebischer und die anderen Anpasserinnen seien nicht stolz auf ihren Dialekt, würden ihn gar verleugnen, sagen einige. Mit dieser Kritik kann Aebischer umgehen: Er mache es einfach so, wie es für ihn stimme.
Mehr Anpassung bei Randdialekten
Dialektale Anpassung kommt vor allem bei Menschen vor, die einen eher unbekannten «Randdialekt» sprechen – zum Beispiel Urner, Glarner, Prättigauer oder eben Sensler Dialekt.
Viele von ihnen wollen damit – wie Michel Aebischer – vermeiden, dass sie nicht verstanden werden. Auch wenn diese Befürchtung meist unbegründet ist. Andere haben sogar Angst, dass sie für ihren Dialekt ausgelacht werden, wenn sie ihn nicht abschwächen.
Kaum Anpassung bei bekannten Dialekten
Menschen mit einem bekannten Dialekt – wie Zürich- oder Berndeutsch – bleiben viel öfter ganz selbstverständlich bei ihrem Dialekt. Sie müssen nicht befürchten, nicht verstanden zu werden.
Um bei Beispielen aus dem Sport zu bleiben: Die Berner Sprinterin Mujinga Kambundji scheint auch im Interview mit dem Ostschweizer Paddy Kälin ihren Dialekt gar nicht anzupassen.
Berndeutsch bleibt Berndeutsch
Gleich sieht es bei vielen anderen Berner Sportlerinnen und Sportlern aus – etwa beim Berner Seeländer Schwinger Christian Stucki oder beim Emmentaler Skirennfahrer Beat Feuz.
Sie bleiben ihrem Dialekt treu, auch wenn das Gegenüber einen ganz anderen Dialekt spricht und die ganze Deutschschweiz am TV zuschaut.
Englische Ausdrücke, eigenartige Pluralformen oder Germanismen: Der schöne Schweizer Dialekt geht bachab. Wie schlimm steht es um unsere Sprache? Nadia Zollinger ist besorgt, doch SRF-Dialektforscher Markus Gasser sieht die ganze Sache lockerer.
Um diesen Podcast zu abonnieren, benötigen Sie eine Podcast-kompatible Software oder App. Wenn Ihre App in der obigen Liste nicht aufgeführt ist, können Sie einfach die Feed-URL in Ihre Podcast-App oder Software kopieren.
Eine Frage der Persönlichkeit
Ob sich jemand anpasst oder nicht, hat nicht nur mit der Bekanntheit des Dialekts zu tun. Ist man besonders stolz auf den eigenen Dialekt und möchte das zeigen, dann passt man sich weniger an.
Ist man hingegen eher zurückhaltend und will vor allem nicht auffallen in einer fremden Umgebung, dann schwächt man den eigenen Dialekt eher ab. Es ist also auch eine Frage der Persönlichkeit, ob man sich dialektal anpasst oder nicht.