Sechs verschiedene Karottensorten, angepflanzt am gleichen Tag auf sechs verschiedenen Standorten. Das war die Anlage eines Versuchs, den der Koch.Campus in Österreich durchführte. In diesem Verein haben sich die besten österreichischen Köche, Produzentinnen und Bauern zusammengeschlossen. Drei, vier Mal pro Jahr treffen sie sich für angewandte Weiterbildung und Austausch. Zu den treibenden Mitgliedern zählt auch Heinz Reitbauer, Österreichs bester Koch. Ziel von Koch.Campus ist die gemeinsame Erforschung und Entwicklung von regionalen Grundprodukten, um die österreichische Küche zeitgemäss zu interpretieren.
Aussaat und Ernte wurden koordiniert
Das Karottenexperiment war wohl mit eines der aufwändigsten bislang. Denn: Die Samen wurden alle am gleichen Tag ausgesät, in der Steiermark, in Wien, in Niederösterreich. Dann wurden die Karotten alle am gleichen Tag geerntet. Und: Alle Karotten wurden auf exakt die gleiche Art und Weise zubereitet. «Wir haben sie roh verkostet, geschmort und gedämpft», sagt Josef Floh von der Gastwirtschaft Floh ausserhalb von Wien.
Der Spitzenkoch ist Mitgründer vom Koch.Campus und hat das Karotten-Experiment intensiv begleitet. «Der Wein und die Weinsprache waren unser Vorbild», erzählt er. Es ging also darum, herauszufinden, ob sich das Terroir in einer Karotte auch geschmacklich niederschlägt. «Es gab grosse Unterschiede», sagt Josef Floh. «Die einen waren eher erdig, die anderen süsslich.» Erstaunlich sei gewesen, dass man die Unterschiede vor allem in gekochtem Zustand intensiver herausgeschmeckt habe.
Es fehlt das Vokabular für Gemüse-Sensorik
Ein interessanter Aspekt: die Sprache. Denn bei Verkostungen versucht man ja, Aromen in Worte zu fassen. «Uns fehlte irgendwie das Vokabular», sagt der Spitzenkoch. Beim Wein habe man endlos viele Attribute, könne sich eine Stunde lang über einen Wein unterhalten. Beim Gemüse könne man sagen, es sei süss, erdig – aber dann sei es bald mal zu Ende, mit den Attributen.
Gibt es Bemühungen, die Resultate des Versuchs in ein Buch zu fassen? «Soweit sind wir noch nicht», sagt Floh. Aber das Experiment sei sicher ein Ausgangspunkt, um sich gemeinsam ein Vokabular für Gemüsesommeliers zu erarbeiten. Mit weiteren Events und Verkostungen möchte man sich Schritt für Schritt weiterbilden und da ein Feld bereiten dafür, dass man sich künftig mehr über den Geschmack von Terroir bei Gemüse Gedanken macht.