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Die fleissigen Ameisen – Superheldinnen im Tierreich
Aus Audio Aktuell SRF 3 vom 16.08.2024. Bild: Keystone / Steffen Schmidt
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Unglaubliches über Ameisen Ameisen – die Superhelden im Tierreich

In der Badi oder auf Wanderwegen lassen sich Ameisen derzeit häufig antreffen. Sie haben Hochsaison. Lästige Viecher? Bei genauem Hinschauen eher verblüffend. Das zeigen diese sieben Fakten.

1. Ein gewichtiges Insekt

Etwa 20 Billiarden Ameisen – das sind 20 Tausend Billionen – dürften den Planeten Erde bekrabbeln. Auf diese Schätzung kommt ein Forschungsteam aus Hongkong. Die gesamte Biomasse der Ameisen übersteigt damit die Biomasse aller Vögel und Säugetiere zusammen.

Die Ameise in der Schweiz

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In der Schweiz leben laut Bundesamt für Umwelt 132 Ameisenarten. Über ein Drittel von ihnen ist gefährdet. Allerdings ist es schwer zu beurteilen, wie sich Ameisenpopulationen entwickeln, sagt Cleo Bertelsheimer, Professorin an der Uni Lausanne mit Forschungsschwerpunkt Ameisen. Das habe damit zu tun, dass sich die Kolonien nur schwer beobachten lassen.

Unter Druck geraten die heimischen Ameisen unter anderem durch Infrastrukturbauten, aber auch den Klimawandel und neue, invasive Ameisenarten.

Über 15'000 (bekannte) Ameisenarten bevölkern dabei fast jeden Kontinent – ausgenommen die Polgebiete. Besonders häufig sind sie in Wäldern der Tropen und Savannen.

2. Superkräfte

Ameisen können das 40-fache ihres Körpergewichts tragen. Übertragen auf uns Menschen würde das bedeuten, dass wir mehrere Tonnen stemmen könnten. Ameisen sind sozusagen die Hulks im Tierreich.

Eine Ameise trägt ein Blatt herum.
Legende: Keystone/Martial Trezzini

3. Kolonien so gross wie Staaten

Die bisher grösste Ameisenkolonie wurde in Europa entdeckt. Sie erstreckt sich über rund 6'000 Kilometer von Portugal über Spanien und Südfrankreich bis Norditalien. Die Superkolonie wurde von der argentinischen Ameise errichtet, einer aus Südamerika eingeschleppten Art. 

Ameisenalarm wegen «Tapinoma magnum»

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Legende: Stadt Kehl

In der süddeutschen Stadt Kehl hat eine invasive Ameisenart eine regelrechte Plage ausgelöst: Die sogenannte «Tapinoma magnum», die ursprünglich aus dem Mittelmeerraum stammt, treibt dort ihr Unwesen. Zu tausenden dringen die Tiere in Häuser ein und sorgen sogar für Stromausfälle.

Auch in der Schweiz sind schon Gemeinden betroffen, speziell in der Westschweiz. Ameisenforscherin Cleo Bertelsmeier sagt über die Ameisenart: «Es ist eindrücklich, wie sich diese Ameisen ausbreiten. Da ist alles schwarz von Ameisen. Statt einer einspurigen lassen sich da mehrspurige Autobahnen beobachten.»

Die Bekämpfung dieser Ameisenart ist jedoch schwierig: Bisher war auch der Insektizid-Einsatz nur begrenzt erfolgreich.

4. Der Prinz erobert die Prinzessin? Nicht im Ameisenreich

In Ameisenvölker sind die Geschlechterrollen streng geteilt: Die männlichen Tiere sind für die Fortpflanzung zuständig. Und nur dafür. Alles andere übernehmen die weiblichen Tiere.

5. Ausgeklügeltes Sozialleben (und Kriegswesen)

Das Zusammenleben der Ameisen ist verblüffend fein organisiert: Es gibt Ameisen, welche den Nachwuchs betreuen. Andere arbeiten am Nestbau, wieder andere an der Futtersuche. Und nochmals andere Ameisen machen Nestverteidigung, sind also Soldatinnen.

Sowieso spielt Kriegsführung im Reich der Ameisen eine grosse Rolle. Cleo Bertelsmeier, Professorin für Ökologie und Evolution an der Uni Lausanne, hat sich eingehend mit diesen ‹Ameisenkriegen› beschäftigt: «Es gibt Sklaventreiber-Ameisen, welche andere Ameisennester überfallen und dort den Nachwuchs stehlen. Die Ameisenbabys werden ins eigene Nest zurückgebracht und müssen dort dann als Sklaven arbeiten.»

Es finden sich aber auch unblutige Strategien, um Konflikte beizulegen. «Es gibt Ameisenarten, bei denen sich die Heere auf dem Schlachtfeld zu einer Art Tanz treffen. Es gewinnt nicht der Stärkere, sondern wohl eher, wer mehr beeindruckt», erklärt Bertelsmeier.

Zwei Ameisen umarmen sich mit den Fühlern.
Legende: Keystone/Sergei Grits

6. Medizinisch geschult

Wer viel Krieg treibt, hat viele Verletzte zu pflegen – lässt sich im Falle der Ameisen wohl sagen. Dementsprechend haben sie auch hier ausgeklügelte Techniken entwickelt. Forschende haben beispielsweise beobachtet, wie Ameisen ihren Artgenossen ein Bein amputieren, um sie vor Wundinfektionen zu schützen. Auch aufwändige Wundsäuberungen werden durchgeführt.

7. Uralte Bäuerinnen

Nicht die Menschheit hat Viehzucht und Ackerbau erfunden. Ameisen haben dieses Kunststück schon weit vor Millionen von Jahren geschafft. Einige Arten halten sich beispielsweise Blattläuse, deren Honigtau sie konsumieren. Andere Arten ernähren sich von Pilzen, die sie selbst hegen und pflegen.

Das alles zeigt: Ameisen haben viel zu tun. Der Vergleich, fleissig wie eine Ameise zu sein, hinkt dennoch etwas: Aus der Forschung weiss man heute, dass Ameisen oft auch einfach faulenzen. Ein Drittel der Arbeiterinnen einer Kolonie tut nämlich einfach nichts.

Radio SRF 3, 13.08.2024, 09:10 Uhr

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