Auf der Vogelpflegestation Sempach werden in Spitzenzeiten bis zu 70 Tiere gleichzeitig gepflegt. «Verschiedenste Vogelarten werden hier behandelt», erklärt Juliette Kuhn, Tierärztin in der Pflegestation.
«Dieses Jahr werden es etwa 1500 bis 2000 Tiere sein, die wir hier behandeln und danach wieder freilassen können», schätzt Kuhn. Die «Erfolgsquote» liege zwischen 50 und 70 Prozent. Leider können nicht alle Tiere gerettet werden.
Vorsicht bei Jungtieren
Im Umgang mit Jungtieren gibt es einige wichtige Punkte zu beachten. Viele junge Vögel, die aus dem Nest fallen, finden von alleine wieder zu ihren Eltern und benötigen keine Rettung. «So ist es also oft besser, sie nicht zur Vogelwarte zu bringen», erklärt Kuhn.
Ein Anruf bei der Rettungsstation kann Unsicherheiten klären. «Im Gespräch können wir herausfinden, was das Beste für die Jungvögel ist», erklärt die Tierärztin der Pflegestation.
Nicht selbst grossziehen
Früher herrschte die Meinung vor, dass man Jungvögel auch selbst grossziehen könne. Davon rät Tierärztin Juliette Kuhn dringend ab. «Wir haben spezielle Futtermischungen für jede Art. Bei einer Mangelernährung können Fehlbildungen entstehen.»
Wichtig sei auch, dass sich die jungen Vögel nicht an Menschen gewöhnen. «Von Menschen aufgepäppelte Vögel zeigen nicht selten problematisches Verhalten und können sogar zur Belästigung werden», erklärt Kuhn. In der Vogelpflegestation der Vogelwarte Sempach wird deshalb darauf geachtet, dass das Pflegepersonal möglichst wenig Kontakt zu den Tieren hat.
Der Riesengeier – eine besondere Rettungsaktion
In der Vogelpflegestation werden sämtliche Vögel angenommen und in Käfigen gesund gepflegt. Dazu gehören auch sehr grosse Arten. Kürzlich wurde ein Gänsegeier mit einer Flügelspannweite von 2,65 Metern in die Vogelpflegestation gebracht. «Das war das aussergewöhnlichste Tier, das ich bisher gepflegt habe», erzählt Tierärztin Juliette Kuhn.
Der genesene Geier wurde später bei Beromünster freigelassen. «Zuerst sass er einige Minuten da, dann hob er ab und drehte mit der Thermik immer weiter hoch in den Himmel», berichtet Kuhn. «Es ist ein wunderschönes Gefühl, eine solche Freilassung zu erleben.»