«Wenn das Feuer kommt, hast du einfach nur Angst!» So beschreibt der Exil-Schweizer Alexander von Glasow den Moment, als ihm klar wurde, dass das Feuer in Los Angeles auch seine Jurte erreichen würde. Während er seine Pferde und Hunde in Sicherheit brachte, liess er den Rest schutzlos zurück.
Warum die Jurte nicht verbrannte, ist auch für die Feuerpolizei unerklärlich.
Doch wie durch ein Wunder überlebte seine Jurte aus Lammwolle in den Malibu Hills das verheerende Feuer. «Für die Feuerpolizei und für mich bleibt es unerklärlich, wie das möglich war», sagt er.
Zwar hatte er die Jurte von innen mit Wasser getränkt, doch angesichts der starken Winde und der extremen Hitze bleibe ihm nur «ein grosses Staunen übrig», dass sein Daheim nicht verbrannt sei.
Er, der stets umherzog und sich als Nomade und Hippie bezeichnet, sieht es nun als Zeichen, an diesem Ort zu bleiben.
Vom Feuer unversehrte Liegenschaft – «ein Pech»
Während die Jurte in den Bergen inmitten des Brandherdes das Feuer überstand, sieht es für die Exil-Schweizerin Korinna Sehringer ganz anders aus.
Die Situation jetzt ist ein Desaster.
Im Januar 2025 wüteten die Flammen durch Altadena, einem Vorort nördlich von Los Angeles, und verschonten zwar – als eines der wenigen – ihr Haus.
Doch die Erleichterung verwandelte sich rasch in einen Albtraum. «Wäre mein Haus abgebrannt, wäre es finanziell einfacher und klarer bezüglich Versicherungsschutz», sagt die ehemalige Filmemacherin, die heute in der Immobilienbranche tätig ist. «Die Situation jetzt ist ein Desaster.»
Schweizerin kämpft mit verseuchtem Haus
Abgesehen von einem Dachschaden blieb ihr Haus äusserlich unversehrt, doch die Schäden durch Giftstoffe und Asbest machen es unbewohnbar.
Die Versicherung verweigert bislang Zahlungen, und auch andere Hilfsorganisationen kommen nicht für die immensen Kosten auf. Sei es die amerikanische Katastrophenschutzbehörde Fema oder Red Cross, stets heisse es: Ihr Haus sei nicht abgebrannt, leider könnten sie keine Entschädigung entrichten.
Ein verheerendes Schicksal für eine Frau, die nach dem Feuer nicht nur mit materiellen, sondern auch mit existenziellen Problemen kämpft. Die alleinerziehende Mutter versucht, den Alltag für ihr Kind so normal wie möglich zu gestalten. Doch das ist unter diesen Umständen schwierig. Und manchmal überrollt sie die Verzweiflung: «Ich bezahle meinen monatlichen Hypothekarzins, ohne dass ich mein Haus bewohnen kann. Für solche Fälle fühlt sich keine Behörde oder Hilfsorganisation zuständig.»
Feuer setzt Giftstoffe frei
Sogenannte «Urban Wildfires» sind wesentlich gefährlicher als Waldbrände. In städtischen Gebieten brennen nicht nur Büsche und Pflanzen, sondern auch Baumaterialien und Elektronik, wie Batterien.
Dies erzeugt einen toxischen Mix, der die Luft bereits während des Brandes verunreinigt und sich anschliessend, als Russ und Asche, überall absetzt.
Krank nach Besuch in kontaminiertem Gebäude
Nach ihrem ersten Besuch im Haus nach dem Brand trug Korinna Sehringer eine KN95-Maske. Trotzdem überfielen sie bereits nach kurzer Zeit Kopfschmerzen und Übelkeit.
Sie verliess ihr Haus sofort, doch die Beschwerden hielten an. Wenig später wurde bei ihr eine Atemwegserkrankung diagnostiziert, die sie zweieinhalb Wochen lang plagte.
Versicherung verweigert Schadstoffmessung
Trotzdem erklärte ihr die Versicherung: Das Haus sei bewohnbar und verweigerte bislang eine Schadstoffmessung, die rund 20'000 Dollar kostet.
Für Sehringer unverständlich. Denn einfach zu behaupten, wir könnten darin wohnen, sei grob fahrlässig. Für sie ist klar: «Wie gefährlich das ist, weiss niemand.»
Gift-Cocktail in abgebrannten Häusern und Autos
Bei den abgebrannten Häusern in der Umgebung von Sehringer wurden Schadstoffmessungen durchgeführt. Dabei entdeckte man unter anderem Schwermetalle, Asbest und Zyanid.
Auch das Auto von Korinna Sehringer, das zwar nicht verbrannte, aber mitten im Feuersturm stand, ist mit Zyanid kontaminiert. Im Gegensatz zu ihrem Haus liess sie es auf Schadstoffe testen – mit Konsequenzen: Laut Versicherung darf sie es nun nicht mehr nutzen.
Wohnen bei Freunden – auf unbestimmte Zeit
Seit dem Feuer lebt Korinna Sehringer mit ihrem vierjährigen Sohn Julian bei Freunden – eine Rückkehr in ihr Haus ist derzeit unmöglich. Der offizielle Clean-up findet in zwei Phasen statt: hochtoxische Stoffe, wie Lithium, werden jetzt abtransportiert.
In einer zweiten Phase werden dann Schutt und Asche weggeräumt. Eineinhalb Jahre soll das dauern. Das bedeutet: Während dieser Zeit wird ständig wieder giftiger Staub in der Luft liegen.
Deshalb stelle sich die Frage, wann eine Reinigung ihres Hauses überhaupt sinnvoll sei, meint Korinna Sehringer, damit nicht alles erneut kontaminiert würde. Sehringers Hoffnung: «Dass die Versicherung wenigstens die Miete übernimmt, bis die Aufräumarbeiten abgeschlossen sind.»
Viele ziehen weg aus L.A.
Viele ihrer Freunde und Nachbarn, deren Häuser abgebrannt seien, würden wegziehen und sich mit dem Geld der Versicherung anderswo ein Leben aufbauen.
Für Korinna Sehringer kommt das nicht infrage. Sie kriegt weder Geld von der Versicherung, noch ist der Verkauf des kontaminierten Hauses eine Option: «Es wäre der dümmstmögliche Zeitpunkt, das Haus jetzt zu verkaufen. Dann würde ich alles verlieren.»
Eine Freundin hat ihr eine Spendenseite auf «Go fund me» eingerichtet. «Erst wollte ich keine Spendenseite für uns», sagt die 53-Jährige. Doch mittlerweile sei sie unendlich dankbar für die Spenden von Freunden und all der Menschen, die sie nicht einmal kenne. Denn anstatt ihrem Job nachzugehen und Geld zu verdienen, müsse sie sich wohl noch während Monaten mit diesem Brand befassen.
Spenden und ein Neuanfang
Der Schweizer Alexander von Glasow, 39, hatte in den Malibu Hills Glück: Seine Jurte überlebte das Feuer. «Doch auch mir ist einiges verbrannt, und ich bin dankbar für die Spenden, die nach dem Feuer eingegangen sind», sagt er. Schadstoffmessungen will er keine machen. «Rundum meine Jurte war im Wesentlichen Gebüsch.»
Auch er stellt fest: Viele in der Gegend ziehen weg. «Die Gegend wird sich grundlegend verändern.» Doch für von Glasow ist der Entschluss klar: «Ich schätze mich glücklich, dass meine Tiere und ich überlebt haben. Ich will bleiben und einen Neuanfang wagen.»