Dröhnend schallt der Gong durch die Gänge. Ein Schild leuchtet auf: «Bitte Ruhe». Nach und nach verebbt das aufgeregte Getuschel. Aufregung und Vorfreude liegen in der Luft. Die Mitglieder des Chors insieme stehen kurz vor ihrem grossen Auftritt unter Hochspannung. Nur wenige Meter vor ihnen: die eindrückliche Bühne des Kultur- und Kongresszentrums Luzern (KKL). In den vergangenen fünf Monaten haben die rund 40 Menschen aller Altersstufen intensiv geprobt. Ihr Ziel: 800 Zuschauerinnen und Zuschauer begeistern.
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Bild 1 von 3. Der Chor insieme Aarau-Lenzburg gemeinsam mit Susanne Kunz beim grossen Auftritt im Kultur- und Kongresszentrum Luzern. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 3. Susanne Kunz verrät den Chormitgliedern am Anfang der Proben, wo das Konzert stattfinden wird. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 3. Auch Solistinnen und Solisten werden für den Auftritt gesucht – eine Chance und Herausforderung für die Chormitglieder. Bildquelle: SRF.
Freude, Tränen und Konflikte
Doch der Weg zur grossen Bühne ist herausfordernd – auch weil der Chor des Vereins insieme Aarau-Lenzburg eine besondere Gemeinschaft bildet: Manche Mitglieder haben eine kognitive Beeinträchtigung, andere nicht. Gut singen oder Noten lesen können sind keine Voraussetzungen, um mitzumachen. Das Wichtigste ist die gemeinsame Freude an der Musik sowie am Miteinander. Für einen Auftritt im renommierten KKL genügt das jedoch nicht ganz. Susanne Kunz unterstützt den Chor als Mentorin – und hat einiges zu tun, als sie fünf Monate vor dem Konzert zum ersten Mal den Probenraum betritt.
Bei den Vorbereitungen kommt es zu vielen Aufs und Abs, sowohl im zwischenmenschlichen als auch im musikalischen Bereich. Der 18-jährige Kenneth Barrios etwa hat sich für ein Solo gemeldet – doch bei den Proben hapert es plötzlich. «Das Problem ist: Ich bin lieber für mich alleine beim Singen. Alleine läuft es einfach viel besser als vor allen Leuten zu singen», erkennt er.
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Bild 1 von 3. Nina Wiederkehr trägt ein Solo vor. Singen gibt ihr auch im Alltag Kraft. Bildquelle: SRF.
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Bild 2 von 3. Alessandra Delli Bovi (rechts) überzeugt Susanne Kunz als Solosängerin, doch sie zweifelt an sich selbst. Bildquelle: SRF.
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Bild 3 von 3. Auch Andreas Nemeth präsentiert sich als Solist – und begeistert mit seinem vollen und runden Stimmklang. Bildquelle: SRF.
Die 19-jährige Alessandra Delli Bovi darf ebenfalls ein Solo präsentieren, aber immer wieder zweifelt sie an sich selbst, sodass sie sich kurz vor dem Auftritt verunsichert fragt: «Was bringt das alles?» Doch die Entwicklung des Chors zeigt: Herausforderungen und Probleme können auch Menschen über sich selbst hinauswachsen lassen.
Wenn ich traurig bin und ich singe, dann geht es mir besser.
Im Laufe der vierteiligen Serie lernen die Zuschauenden einige Chormitglieder genauer kennen, so etwa Nina Wiederkehr. Die 44-Jährige lebt und arbeitet auf dem Bauernhof des Vereins Katzenhübel. Ihr hilft das Singen auch in schweren Momenten: «Wenn ich traurig bin und ich singe, dann geht es mir besser. Es gibt mir einfach ein gutes Gefühl.»
Auf der grossen Bühne statt am Rand der Gesellschaft
Mit diesem guten Gefühl soll auch der Auftritt gelingen. Denn der naht mit grossen Schritten – bis es schliesslich so weit ist. Auf der Bühne stehen Menschen, die oft an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden – und ihre gesungene Botschaft füllt den Saal: «Take my hand, you are my brother, take my hand, you are my sister. Take my hand, we need each other. Don't try to walk the road alone.»