Wie ist es möglich, dass im Jahr 2018 Geld im Zahlungsverkehr spurlos verschwindet? Diese Frage stellt sich eine Postkundin aus dem Emmental. Sie hat Ende April 2018 auf ihrer Poststelle eine Rechnung von 51 Franken beglichen.
Einige Tage später wird sie vom Onlinehändler kontaktiert. Leider könne man das Geld auf dem Postweg nicht annehmen. Die Kundin solle das Geld bitte mittels Onlinebanking nochmals überweisen. Ihre 51 Franken kämen selbstverständlich auf dem gleichen Weg, also dem Postweg, wieder zurück.
Als sie in ihrer Postfiliale nachfragt, heisst es, das Geld komme bald wieder, man werde sie per Brief informieren. Sie wartet, schliesslich geht es um 50 Franken, nicht 5000. Doch zwei Wochen später wird sie wieder bloss vertröstet. Die Postkundin will es nun wissen, und startet einen Suchauftrag. Kostenpunkt: 30 Franken. Dafür, dass sich die Post darum kümmert, das verlorene Geld wieder zu finden.
Jeden zweiten Samstag ein Brief: Nichts gefunden
Doch auch der Suchauftrag nützt nichts. Die Postkundin wartet seit Ende April auf eine Nachricht über das verschwundene Geld. Vergeblich. Einziges Lebenszeichen der Post: Jeden zweiten Samstag erhält sie einen Brief, in dem steht, dass man nichts wisse. Konkret heisst es seit bald fünf Monaten: «Antwort von Drittparteien ausstehend.»
Wie ist es möglich, dass im Jahr 2018 Geld im Zahlungsverkehr spurlos verschwindet? Das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» fragt bei der Postfinance nach. Dort heisst es: Nein, Geld sollte grundsätzlich nicht so einfach verschwinden.
Leider könne man aber den Weg der 51 Franken nur bis aufs Postkonto der Deutschen Bank weiterverfolgen. Von dort sei es weitergeleitet worden, wohin wisse man nicht. Die Postfinance habe bereits mehrmals bei der Deutschen Bank nachgefragt, doch bis jetzt ohne Antwort.
Postbeleg: Eine Farce?
Heisst das: Pech für die Kundin? Die Post ist aus der Verantwortung und der abgestempelte Beleg eine blosse Farce? Nein, sagt der Sprecher der Postfinance. Für anvertrautes Geld sei man bis zu einem gewissen Grad auch haftbar. Mittlerweile habe man auch eingesehen, dass es nicht zumutbar sei, die Kundin so lange im Dunkeln zu lassen. Postfinance hat das Geld nun «aus dem eigenen Sack» zurückbezahlt.
Dass diese Einsicht erst kam, als «Espresso» nachhakte, bedauert der Sprecher. Und die 30 Franken für den erfolglosen Suchauftrag erhalte die Kundin «selbstverständlich» wieder zurückerstattet.
Chaos im Zahlungsverkehr
Selbstverständlich hat «Espresso» auch bei der Deutschen Bank nach dem verschwundenen Geld gefragt. Dort heisst es nach tagelangen Abklärungen, der gesuchte Betrag sei bei ihnen nie aufgetaucht. Dies obwohl der Postfinance mittlerweile eine schriftliche Bestätigung der Deutschen Bank vorliegt, dass sie diese Zahlung sehr wohl verarbeitet haben. Chaos pur.