Online ist heute beinahe alles möglich – und zwar jederzeit. Will man am Samstagabend einen Film streamen und dazu eine Pizza im Internet bestellen, machen es ein paar Klicks möglich. Nur das E-Banking kennt noch das klassische Wochenende. Dies erstaunt, schliesslich funktionieren solche Zahlungssysteme doch längst automatisch, oder?
So funktioniert E-Banking
Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, sollte man ein paar Hintergründe kennen: Nehmen wir an, Frau Meier macht eine Zahlung per E-Banking. Sie will Herrn Müller 100 Franken überweisen. Sofern genügend Geld auf ihrem Konto vorhanden ist, leitet ihre Bank den Auftrag weiter – allerdings nicht direkt an die Bank von Herrn Müller.
An dieser Stelle kommt nämlich eine Vermittlerin ins Spiel: Die Firma Six Interbank Clearing AG, eine Tochterfirma der Six Group. Diese betreibt unter anderem auch die Schweizer Börse. Der Auftrag von Frau Meier wird über ein Zahlungssystem der Six Interbank Clearing AG an die Bank von Herrn Müller weitergeleitet, bevor sie ihm gutgeschrieben wird.
Banken und SIX widersprechen sich
Auf die Frage, weshalb am Wochenende keine Zahlungen verarbeitet werden, schieben die meisten Banken der SIX den schwarzen Peter zu. So schreibt die Zürcher Kantonalbank, die Banken seien dem Zahlungssystem der Firma angeschlossen: «Dieses wird an offiziellen Bankwerktagen, jedoch nicht an Wochenenden betrieben.» Ähnlich tönt es bei der Raiffeisen und der Credit Suisse.
Die SIX bestätigt auf Anfrage von «Espresso», sie stelle das Zahlungssystem am Wochenende ab. Der Grund: Es sei eine Regel unter den Banken, dass am Wochenende keine Zahlungen gebucht werden. So sagt Boris Brunner von der Geschäftsleitung der SIX Interbank Clearing AG: «Diese Übereinkunft unter den Banken gibt es nicht nur in der Schweiz, sondern auch international. Sie stammt aus einer Zeit, als die Bankfilialen am Wochenende noch geschlossen waren.»
Die Banken bestimmen die Regel
Also sind doch die Banken verantwortlich? Wenn die Banken wollten, ginge es schon, sagt der unabhängige Finanzexperte Martin Spieler: «Die SIX Group gehört den Schweizer Banken. Wenn diese künftig auch am Wochenende solche Transaktionen abwickeln möchten, kann die SIX dies so einrichten.»
Auch die Nationalbank schreibt, ein Ausbau der Betriebszeiten rund um die Uhr hänge wesentlich davon ab, ob die Banken ein solches Bedürfnis signalisieren. Es sei allerdings mit höheren Betriebszeiten und Kosten verbunden.
Zahlungsverkehr wird manuell überwacht
Wieso das? Bei der UBS heisst es: Das Überweisungssystem funktioniere zwar vollautomatisch, werde aber manuell überwacht und kontrolliert. Würden Zahlungen auch am Wochenende verarbeitet, müsste der Personaleinsatz ausgeweitet werden. «Wir spüren aber kein grosses Bedürfnis der Kunden», so Marco Tomasino von der UBS Schweiz.
Das bestätigt die Raiffeisen-Bank. Die Zürcher Kantonalbank verweist wiederum auf die SIX. Einzig die Postfinance schreibt, das Bedürfnis der Kunden nehme leicht zu. Dennoch sagt Mediensprecher Johannes Moeri, ein Alleingang der Postfinance komme nicht in Frage: «Der gesamte Schweizer Finanzplatz müsste sich verändern, alles andere ist sinnlos.»
Alle müssen zustimmen
Da die Transaktionen immer mehrere Akteure brauchen, bringt eine einseitige Veränderung tatsächlich nichts. Dies bestätigt der Finanzexperte Martin Spieler und ergänzt: «Offenbar ist der Druck auf die Banken noch nicht genügend gross.» Mit neuen Technologien wie Blockchain, die hinter den virtuellen Währungen wie Bitcoin steht, werde sich das ändern.
«Mit dieser Technologie braucht es keine Banken und keine Vermittler mehr. So können Transaktionen wesentlich schneller abgewickelt werden.» Das werde den Druck auf die jetzigen Akteure der Finanzindustrie erhöhen. So dass diese auch bald auf Transaktionen sieben Tage in der Woche setzen dürften.