Die Zeiten, in denen E-Bikes als Senioren-Gefährt belächelt wurden, sind definitiv vorbei. Design und Qualität der Elektro-Velos verbessern sich von Jahr zu Jahr. Sehr sportlich daher kommen E-Mountainbikes – geländegängige Velos mit Elektromotor. Diese verkaufen sich immer besser.
«Mit einem solchen Bike kann ich Berge erklimmen, grosse Touren machen – und komme auch wieder nach Hause, weil der Motor mir die zusätzliche Kraft gibt», sagt der 60-jährige Walti Blätter. Er ist einer von neun Testfahrern, welche die motorisierten Bikes im Praxistest für «Kassensturz» und «Velojournal» auf Herz und Nieren prüfen. Die Gruppe ist gut durchmischt: Vom Hobbyfahrer über den geübten Mountainbiker, bis zum professionellen E-Bike-Instruktor.
Praxistest: Fahren auf verschiedenem Untergrund
Jeder Testfahrer prüft jedes Bike. Und zwar auf unterschiedlichem Terrain: Waldweg, Gelände mit groben Steinen, steile Rampen, Kiesbett und Treppenstufen. Dabei liegt das Hauptaugenmerk einerseits auf der Motorunterstützung, sagt Testleiter Marius Graber vom «Velojournal»: «Wir prüfen, wie fein die Motoren auf den Fahrer reagieren. Ob sie beim Fahren helfen oder ob sie gar stören.» Zweitens bewerten die Testfahrer die Fahreigenschaften: Hat das Bike eine gute Federgabel und gute Bremsen, sind die Gänge fein abgestimmt, lässt es sich gut lenken? Kurz: Macht das Velo im Gelände Spass?
Ungenügende Noten für Modell mit Hinterrad-Motor
Im Test sind zwölf gängige Modelle bekannter Marken und aus Grossverteilern. Die meisten werden von Mittelmotoren unterstützt. Dabei liegt der Motor nahe beim Tretlager, mittlerweile der Standard bei E-Mountainbikes.
Einzig das Modell Diavelo E 950 i wird von einem Hinterradmotor angetrieben. Das günstigste Bike im Test (gekauft im Jumbo für 2290 Franken) fällt deutlich ab und erhält die ungenügende Gesamtnote 3,8.
«Die Motor-Sensorik ist zu wenig fein. Und die Ausstattung lässt das Bike zwar wie ein Mountainbike aussehen, im Gelände taugt es aber wenig», fasst Marius Graber die Testeindrücke zusammen.
Vertreiber Jumbo schreibt zum Ergebnis, das Diavelo sei ein Einstiegsmodell. Die Verkaufsmitarbeiter würden Kunden ganz klar darauf hinweisen. Die nächste Generation der E-Mountainbikes werde jedoch mit Motoren eines anderen Herstellers ausgestattet.
Service:
Service:
Enge Abstände bei den Bewertungen
Drei E-Mountainbikes von Grossverteilern erhalten die Note 4,7 und damit die Gesamtwertung «Genügend»: Das Ghost Kato 2 von SportXX, das Whistle B-Ware von Athleticum und das Stoke E-Blade von Ochsner Sport. Die übrigen E-Mountainbikes erreichen die Gesamtwertung «Gut». Auch sie liegen bei den Endnoten eng beieinander.
Klarer Preis-Leistungs-Sieger
Testsieger ist das Wheeler I-Rider HD mit Note 5,2. Es ist erhältlich im Fachhandel für knapp 3600 Franken. Es überzeugt in allen Kriterien und kommt bei den Testfahrern durchwegs gut an.
Knapp dahinter liegen das Haibike Xduro Hardnine 5.0, das Bergamont E-Roxter 6.0 und das Cube Reaction Hybrid HPA Pro 500. Alle erhalten die Gesamtnote 5,1. Das Cube hat einen Preis von knapp 2500 Franken und ist damit klarer Preis-Leistungs-Sieger.
Fahrweise und Vorlieben spielen eine Rolle
Aber auch die übrigen E-Bikes bleiben notenmässig den besten eng auf den Fersen. Es gilt: Jedes Bike bietet in einzelnen Teilbereichen Vor- und Nachteile. Ob ein Bike zusagt, kommt auch auf die Fahrweise an. So sind die sehr geübten Biker unter den Testern vom Specialized Levo mit Breitreifen äusserst angetan: «Die haben unglaublichen Griff im Gelände, das Fahrverhalten ist toll.» Etwas ungeübtere Fahrer bekunden aber genau damit Mühe: «Für normale ‹Alpwegfahrer› wie mich ist dieses Bike ziemlich schwierig zu fahren».
Schwachstelle Kette: Achtung Reissgefahr!
Während des Praxistests reisst gleich bei drei Bikes die Antriebskette. Dies sei eine Schwachstelle dieser Bikes, sagt Velo-Experte Marius Graber: «Die Kette ist beim Elektro-Mountainbike sehr stark beansprucht, weil nicht nur die Kraft des Fahrers, sondern auch jene des Motors dazukommt.» Gut, wenn man da weiss, wie man eine Kette vor Ort wieder zusammennieten kann.
- Elektrovelos im Test: Grosse Unterschiede bei der Reichweite Elektrovelos im Test: Grosse Unterschiede bei der Reichweite
- Töffhelmpflicht für E-Bike: Italien beschlagnahmt Schweizer Velo Töffhelmpflicht für E-Bike: Italien beschlagnahmt Schweizer Velo
- Schnelle E-Bikes: Töffhelm-Obligatorium ist kein Thema Schnelle E-Bikes: Töffhelm-Obligatorium ist kein Thema
Grosse Unterschiede bei der Reichweite
Die technische Prüfung der Elektromotoren findet in der Berner Fachhochschule Biel BFH statt. Bei der Reichweite zeigen die E-Bikes grosse Differenzen, erklärt Professor Heinrich Schwarzenbach: «Wir haben als Referenz eine Steigung von drei Prozent genommen. Das entspricht der durchschnittlichen Steigung der Gotthard-Nordrampe. Ist der Fahrer 80 Kilogramm schwer und fährt mit maximaler Motor-Unterstützung, kommen die schwächsten Velos knapp bis Göschenen, die besten bis Andermatt.» Die kleinste Reichweite haben die Ingenieure beim Diavelo gemessen: 28 Kilometer. Am grössten war sie beim Bergamont E-Roxter mit 54 Kilometern. Fährt man in der Ebene, erhöhen sich die Reichweiten natürlich entsprechend, weil der Motor weniger beansprucht wird.
Auch bezüglich Motorkraft massen die Experten deutliche Unterschiede (Details in der Test-Tabelle). So schieben die stärksten Motoren den Fahrer mit der doppelten Kraft den Berg hinauf als die schwächsten Motoren. «Das merkt man eindeutig, es ist viel angenehmer, mit einem stark unterstützten Velo unterwegs zu sein», so Schwarzenbach.
Fazit: Es kommt nicht nur auf dem Motor an
Der Test zeigt: Ein starker Motor allein macht kein gutes E-Bike. Ebenso wichtig ist die Sensorik, also das möglichst feine Reagieren des Motors auf den Fahrer. Und natürlich die Ausstattung wie Reifen, Bremsen, Schaltung und Federgabel. Wer technisch anspruchsvoll und abseits der Strassen in schwierigem Gelände fahren möchte, achtet von Vorteil auf gute Komponenten. «Wer ‹nur› auf Forst- und Alpstrassen fahren will, sollte einem starken Motor den Vorzug geben», sagt Velo-Experte Marius Graber. Es empfiehlt sich also, mehrere Bikes zu testen.