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Ombudsmann der Reisebranche: «Ich hatte die Rolle des Mediators»
Aus Espresso vom 30.05.2024. Bild: ombudsman-touristik.ch
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Abtretender Ombudsman Schweizer Fluggesellschaften: «Es ist einfach nicht sauber!»

Zum Ende seiner Amtszeit als Ombudsman der Reisebranche beschäftigten Franco Muff vor allem die Fluggastrechte.

«Es regt mich wirklich auf, dass sich die meisten Schweizer Fluggesellschaften nicht an das europäische Fluggastrecht halten.» Man merkt Franco Muff an, dass er sich die letzten Jahre seiner Amtszeit als Ombudsman der Schweizer Reisebranche vor allem um Swiss und Co. kümmern musste – und dass er deren Haltung nicht nachvollziehen kann.

«Es ist einfach nicht sauber», doppelt Muff nach, der diese Woche seinen letzten Arbeitstag hatte. Schweizer Airlines würden nicht bezahlen, auch wenn es eigentlich klar sei, dass sie zahlen müssten, gibt sich der abtretende Ombudsman im SRF-Interview überzeugt.

Flugzeug der Swiss hebt ab.
Legende: Ein Flugzeug der Swiss hebt vom Flughafen Zürich ab. Geschieht dies mit grosser Verspätung, führt dies häufig zu Ärger. KEYSTONE Byline GAETAN BALLY

Der Hintergrund: Die Schweiz hat die EU-Regelung über die Fluggastrechte 2006 übernommen. Doch es fehlt ein abschliessendes Urteil zu nachträglichen Änderungen bei der Entschädigung von Fluggästen bei Verspätungen. Und hier sperrt sich auch die Swiss immer wieder, Schweizer Passagiere analog Passagieren in der EU zu entschädigen. Eine Praxis, die auch Reiserechtsexperten nicht nachvollziehen können.

Da können sie so viel machen, wie sie wollen – sie können viel Geld herausholen, aber diese Frau ist gezeichnet für ihr Leben.
Autor: Franco Muff Abtretender Ombudsman

Doch auch sonst ist Franco Muff in seiner Amtszeit die Arbeit nie ausgegangen. Er erinnert sich an eine Touristin, die in Tunisien schwer verbrannt wurde, als ein Hotelangestellter am Buffet mit Sprit hantiert hatte. «Da können sie so viel machen, wie sie wollen – sie können viel Geld herausholen, aber diese Frau ist gezeichnet für ihr Leben.»

Franco Muff.
Legende: Seit 2014 war Franco Muff Ombudsman der Reisebranche. Nun ist er pensioniert – und am 1. Juni übernimmt sein designierter Nachfolger Walter Kunz die Ombudsstelle. zvg

Besonders in Erinnerung geblieben sind Franco Muff Fälle, bei denen er das Gefühl hatte, dass Rassismus eine Rolle spielte. So gab es bei einer Frau in Genf Schwierigkeiten mit einer Airline – es ging um Übergepäck, einen verpassten Flug und einen ungerechtfertigten Aufpreis. «In solche Fälle konnte ich mich dann schwer verbeissen», sagt Muff. Er habe der Frau dann auch helfen können.

Auch Probleme bei Sprachaufenthalten haben ihn immer wieder beschäftigt. Mädchen, die bei einer ungeeigneten Familie untergebracht waren, es gab nichts zu essen, sie waren isoliert, ein langer Schulweg – «da habe ich dann schon Gas gegeben», erinnert sich Muff.

Seit Corona sind Reisebüros wieder gefragt

Für sein kleines Team seien die vielen Fälle während der Corona-Pandemie eine grosse Herausforderung gewesen. Es ging laut Franco Muff vor allem um die Rückerstattungen für abgesagte Reisen. Oft hatten Reisende bereits annuliert, bevor die Reise überhaupt vom Veranstalter abgesagt wurde – dann wurde es jeweils schwierig.

Vor Corona war die Abwanderung weg vom Reisebüro sehr stark. Nachher haben viele Leute gemerkt, dass man dort halt doch einen gewissen Schutz hat.

Über eine Auswirkung der Corona-Zeit ist Franco Muff aber froh: «Vor Corona war die Abwanderung weg vom Reisebüro sehr stark. Nachher haben viele Leute gemerkt, dass man dort halt doch einen gewissen Schutz hat.» Das habe die Lage wieder verändert: «Es hat jetzt glücklicherweise wieder mehr Leute, die Reisebüros berücksichtigen.

Die Tipps des Reiseexperten

Aus Erfahrung sagt Muff: Bei grösseren, komplizierten Reisen sollte man frühzeitig mit der Planung beginnen und möglichst ein Reisebüro an Bord holen. Plant man eine lange Flugreise mit Umsteigeverbindungen, sollte man die Flüge möglichst bei der gleichen Airline buchen und genügend Zeit für das Umsteigen einplanen, so Franco Muff.

Wichtig sei auch das richtige Verhalten bei der Automiete im Ausland, rät Muff. Man sollte alle Versicherungen abschliessen, den Selbstbehalt ausschliessen, das Auto vor der Übernahme gründlich anschauen und allfällige Schäden unbedingt vermerken. So könne man sich viel Ärger ersparen.

Espresso, 30.5.2024, 08:10 Uhr ; 

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