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Luxus-Gastronomie Darf ein Restaurant Wein mit Zapfen verrechnen?

Gäste kaufen exklusiven Wein in einigen Restaurants auf eigenes Risiko. Hat er Zapfen, wird er verrechnet.

Worum geht es? In einem Berner Restaurant entdeckt eine Besucherin auf der Weinkarte bei einzelnen, sehr teuren Weinen einen Hinweis: «Bei Zapfen oder Weinfehler müssen wir bei dieser Rarität den vollen Preis berechnen. No Risk No Fun.» Das habe sie stutzig gemacht: «Wenn ein Wein Zapfen hat, darf man den doch zurückgeben.» Auf der besagten Weinkarte finden sich viele Weine zwischen 50 und 100 Franken. Angeboten werden aber auch hochpreisige Weine – diese kosten mehrere hundert Franken pro Flasche. Und den teuersten Wein gibt’s für 5800 Franken. Bei einigen dieser teuren Weine steht jener Hinweis auf der Karte.

Ist das erlaubt? Da das Restaurant den Hinweis bei jedem betroffenen Wein separat und sichtbar aufführt, gibt es rechtlich kaum etwas daran zu rütteln. Dass ein Gericht anders entscheiden würde, ist eher unwahrscheinlich. Hat ein Wein Zapfen, so gilt das zwar als Mangel. Und bei einem Mangel gilt eigentlich eine gesetzlich verankerte Gewährleistung – umgangssprachlich spricht man von Garantie. Allerdings: Ein Anbieter darf diese Gewährleistung wegbedingen. Der Restaurant- und Hotelverband Gastrosuisse stellt sich denn auch hinter diese Praxis und schreibt auf Anfrage, ein Restaurant dürfe das so machen: «Die Gäste können frei entscheiden, ob sie diesen Wein bestellen möchten oder nicht.» Branchenkenner sagen, diese Praxis sei üblich bei besonders exklusiven Weinen.

So begründet das Restaurant: Beim betreffenden Betrieb handelt es sich um das Restaurant Steinhalle. Geführt wird es von Markus und Monika Arnold. Mit 17 Gault-Millau-Punkten und einem Michelin-Stern ist es eines der gehobeneren Lokale in Bern. Markus Arnold kann nachvollziehen, dass der Hinweis auf der Weinkarte Fragen aufwirft. Er betont: Die allermeisten Weine nehme man bei Fehlern zurück und der Gast bekomme eine neue Flasche. Nur bei einem kleinen Prozentsatz trage der Gast das Risiko. Etwa bei Raritäten, die nicht mehr verfügbar seien. Darauf gebe es für sie als Restaurant auch keine Garantie. «Das Risiko hier selbst zu tragen, wäre für unseren kleinen Familienbetrieb wirtschaftlich nicht tragbar», denn diese Weine würden schon im Einkauf sehr viel kosten, die Marge sei eher tief. Wichtig sei ihm Transparenz: «Die Gäste, die Raritäten trinken, kennen das Risiko und nehmen es auch in Kauf.» In den sieben Jahren, in denen er das Restaurant mit seiner Frau führe, habe es zum Glück noch nie einen entsprechenden Fall gegeben.

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Das sagt der Rechtsexperte: In diesem konkreten Fall hat Frédéric Krauskopf von der Universität Bern ein gewisses Verständnis: «Das Restaurant wird tatsächlich kaum eine Chance haben, auf den Weinhändler zurückzugreifen», sagt der Professor für Privatrecht. «Wenn Sie sich für Ihren eigenen Weinkeller gute Lagerweine kaufen, und eine der Flaschen ist nach mehreren Jahren nicht mehr gut, ist da in Sachen Gewährleistung auch nichts mehr zu machen.» Zudem gehe es hier um Luxus: Für Gäste, die sich auf so teure Weine einlassen würden, sei das Risiko zumutbar.

Espresso, 24.6.2024, 8:10 Uhr

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