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Trotz Fahrverbot und Tafel in diversen Sprachen
Aus Espresso vom 16.08.2024. Bild: imago_Bihlmayerfotografie
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Google Maps Die mühsamen Folgen eines Navi-Fehlers in Grindelwald

Das Navi führt Ausflügler auf ein steiles Strässchen ins Nirgendwo. Ärgerlich auch für Anwohnerinnen und Spaziergänger.

Es geht um die Pfingstegg oberhalb von Grindelwald BE auf rund 1400 Metern über Meer. Ausflugsziel mit Restaurant, Rodelbahn und einer «Fly-Line», bei der man im Gurtsitz durch den Wald schwebt. Erreichbar ist die Pfingstegg unter anderem zu Fuss oder bequem mit der Seilbahn. Aber auf keinen Fall mit dem Auto.

Die Talstation der Pfingsteggbahn mit Bergen im Hintergrund.
Legende: Die Talstation der Pfingsteggbahn. Hier soll man parkieren und in die Seilbahn umsteigen. SRF

Trotzdem fahren bei schönem Wetter mehr als zehn Fahrzeuge pro Tag den Hang Richtung Pfingstegg hinauf. Auf einem schmalen, holprigen und zunehmend steilen Strässchen. Der Sulzweg ist ein reiner Zubringerweg für Anwohnerinnen, Lieferanten oder die Post. Nur: Das beliebte Navi von Google Maps zeigt eine Route an. Sie führt aber nicht zum Gipfel, sondern endet auf halber Höhe. «Es gibt dort keine Parkplätze», sagt Urs Guggisberg im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».

Gefährliche Situationen

Der 28-Jährige ist im Gemeinderat für die Sicherheit zuständig. Dieser Navi-Fail ist ihm schon lange ein Dorn im Auge. Auf dem Strässchen, das auch als Wanderweg ausgeschildert ist, gibt es kaum Ausweichstellen. Wenden ist praktisch unmöglich. «Vor allem bei Gegenverkehr wird es gefährlich.» Zum Glück sei es bislang noch zu keinem Unfall gekommen, aber der Abschleppwagen habe auch schon ausrücken müssen.

Eine schmale Bergstrasse.
Legende: Idyllisch aber gefährlich. Ausweichmanöver und Rückwärtsfahren sind hier Aufgaben für die Einheimischen. SRF

Und wenn Ausweichmanöver und Rückwärtsfahren nötig sind, ist dies meist eine Aufgabe für die Einheimischen, da die meisten Touristen damit überfordert sind.

Dass dort so viele falsch fahren, ist umso erstaunlicher, als für das Strässchen ein Fahrverbot gilt. Und zusätzlich weist eine Tafel in diversen Sprachen – auch in asiatischer und arabischer Schrift – darauf hin, dass das Navi falschliegt. Doch manche Autolenker vertrauen der digitalen Hilfe blind, statt auf die Strasse zu schauen.

Erfolglos bei Google interveniert

Ausbaden muss es die Gemeinde. Es gebe immer wieder Rückmeldungen von Anwohnenden, welche sich erkundigen, warum nichts gegen das Problem unternommen werde. Dabei habe man mehrfach bei Google interveniert – unter anderem über deren Melde-Tool für Nutzer sowie über jenes für Behörden. Doch Google reagiert nicht.

Auf einem Schild steht in vier verschiedenen Sprachen, dass hier ein Fahrverbot gilt.
Legende: Trotz Fahrverbot und Tafel in diversen Sprachen vertrauen viele Autofahrende dem Navi blind und fahren ins Nirgendwo. SRF

Dabei wäre die Lösung laut Guggisberg einfach: «Wer zur Pfingstegg will, muss zur Talstation der Seilbahn geführt werden.» Gleichzeitig sollen die Adressen der Wohnhäuser an jener Strasse weiterhin auffindbar sein.

Digitale Melde-Plattform für Behörden?

Box aufklappen Box zuklappen

Navigationshilfen – egal von welchem Anbieter – sind nützlich, aber immer auch etwas beschränkt. Ihre Algorithmen stützen sich vor allem auf allgemein zugängliches Kartenmaterial sowie auf Hinweise von Behörden, Staumeldungen etc.

In Österreich soll die neue, privat betriebene Plattform Evis helfen, für bessere Karten- und Verkehrsinformationen zu sorgen, möglichst in Echtzeit. Gemeindebehörden, zum Beispiel, können dort Verkehrsprobleme, gesperrte Strassen, Umleitungen etc. niederschwellig melden. Die Navi-Anbieter haben darauf Zugriff.

Wäre das nicht auch eine sinnvolle Idee für die Schweiz? Nein, das sei zurzeit kein Thema, zumindest nicht für den Bund, erklärt Thomas Rohrbach, Mediensprecher beim Astra, dem Bundesamt für Strassen.

«Wir haben weder die finanziellen noch die personellen Ressourcen, um so etwas aufzubauen.» Aber der Bund bemühe sich um ein möglichst aktuelles, digitales Kartenmaterial. Swisstopo, das Bundesamt für Landestopgrafie, nehme Meldungen über Umfahrungen und andere Änderungen fortlaufend auf. Und die Navi-Anbieter würden sich dort bedienen. Gleich wie auch beim Staumelde-Service. «Und je besser das Strassennetz digital dokumentiert ist, desto grösser ist die Chance, dass die Routenführung auch stimmt», sagt Rohrbach.

Direkt bei den Tech-Giganten Google, Apple und Co. durchzubringen, um ein Navi-Problem zu beseitigen, das sei indes auch für den Bund schwierig.

Bei Grindelwald First – ein anderer Aussichtspunkt im Berner Oberländer Touristen-Hotspot – gab es ähnliche Probleme. Bis 2022 führte Google Maps auch dort Autos und Campingbusse auf steile Strässchen und Wege, statt zur Talstation der Gondelbahn. Als sich «Espresso» bei Google meldet, wird der Fehler dort korrigiert. Sowie auch andere Navigations-Fehler in verschiedenen Regionen der Schweiz.

Endlich doch noch eine Korrektur

Und siehe da, als sich «Espresso» erneut meldet, korrigiert Google auch die Route zur Pfingstegg. Warum es bis dato trotz mehrfacher Intervention der Gemeinde jahrelang nicht geklappt hat, diese Frage lässt Google unbeantwortet.

«Die Historie zu einzelnen Meldungen lässt sich nur mit sehr viel Aufwand recherchieren», begründet die Medienstelle. In einer ersten Anpassung ergänzt Google die falsche Route mit einer Anmerkung, die auf gesperrte oder private Strassen hinweist. Generell wolle Google Maps «die besten Routeninformationen bereitstellen», heisst es.

Espresso, 16.8.2024, 8:10 Uhr

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