Worum geht es? Über Ostern haben Verkehrskadetten auf der Hauptstrasse der San-Bernardino-Strecke vor den Dörfern Autos gestoppt und künstliche Staus erzeugt. Wer die A13 wegen des Staus und auf Empfehlung seines Navigationsgeräts verliess, geriet also sofort wieder in einen Stau. Den erkannten die Navigationssysteme und leiteten die Autofahrenden nicht mehr von der Autobahn ab. Das sollte die Dörfer vor der Blechlawine schützen, von der sie wegen den Umleitungsempfehlungen oft überrollt werden.
Wieso verzichten Navi-Anbieter bei Stau nicht auf die Ausweichrouten-Empfehlungen? Technisch könnten sie das, aber sie haben daran wenig Interesse. Anders das Bundesamt für Strassen (Astra): Es wünscht sich schon länger mehr Flexibilität bei extremen Staus. Der Zugang zu «Tech-Riesen» sei aber nicht einfach, und zwar nicht nur bei Google. Das Anliegen, Ausweichverkehr zu vermeiden und die Anliegergemeinden zu entlasten, stehe dem Geschäftsmodell der Navi-Anbieter diametral entgegen. Eine GLP-Nationalrätin brachte vor bald einem Jahr deshalb die Idee ins Spiel, Ausweichrouten zu verbieten und Navigationsgerätehersteller per Gesetz zu einer intelligenten Verkehrslenkung zu verpflichten.
Wie funktionieren Navis überhaupt? Navigationssysteme basieren auf jeder Menge Daten in einem sogenannten Netzwerk-Graph. In diesem hat es Kanten, die Strassen und Wege – und Knoten, die Kreuzungen. Über «Graphen» denken Mathematikerinnen schon seit über 200 Jahren nach. Erfunden hat sie der Schweizer Leonhard Euler. In die Netzwerkgraphen der Navigationsdienste fliessen neben Kanten und Knoten jede Menge weiterer Informationen: Geschwindigkeitslimits, Links- oder Rechtsabbiege-Stellen, Tunnels, Brücken, Beschaffenheit des Strassenbelags und vieles mehr.
Wieso wissen Navis trotz ausgefeilter Modelle doch nicht immer Bescheid? Das Problem: Google und die anderen Anbieter sind bestens darin, ihre Netzwerk-Graphen zu programmieren, die Algorithmen zu optimieren und viele Daten zu erfassen, die frei verfügbar und kostenlos sind. Sie erfassen in der Regel aber nicht aktiv in allen Regionen alle Details für ihre Modelle. Vor allem nicht Informationen, die sich schnell ändern, wie etwa eine temporäre Sperrung der Hauptstrasse durch ein Dorf wegen eines Festes. Solche Lücken führen immer wieder zu teils kuriosen Navigationsanweisungen. Wie dann, wenn ein 40-Tonnen-Lastwagen im Nebel im Rhein strandete, weil die Navigation dachte, die einst vorhandene Brücke sei noch da.
Was können wir dagegen tun? Die Anbieter aktiv mit Informationen füttern. Österreich macht vor, wie das gehen kann. Das Projekt Evis ermöglicht es Städten oder Gemeinden, Daten zur Verkehrslage oder Ereignismeldungen zu erfassen – wie etwa, dass eine schmale Brücke über den Fluss durch eine Ortschaft eben nicht für einen 40-Tönner geeignet ist. Auch wenn dies Google Maps vorschlägt. Die Navigationsanbieter können diese Daten kostenlos und automatisiert von der Plattform laden und in ihre Modelle integrieren.
Das Fazit. Navigationssysteme müssen wir aktiv steuern und beeinflussen – ihnen Daten liefern, wenn wir möchten, dass sie Routen in unserem Sinne berechnen. «Aktiv beeinflussen» kann längerfristig aber nicht bedeuten, dass es künstliche Staus wie jene entlang der A13-Hauptstrasse braucht.
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