Das Wichtigste in Kürze
- Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass die Modeketten tonnenweise alte Kleider als Kehricht entsorgen.
- Das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» hat elf grosse Modehändler dazu befragt. Alle sagen, sie würden keine unverkauften Kleider vernichten.
- Belege für das Gegenteil gibt es nicht. Aber: Dennoch werden weltweit tonnenweise Kleider entsorgt und landen auch in der Kehrichtverbrennung.
- Das Problem liegt in der «Fast Fashion». Überproduktion, Ausverkäufe mit hohen Rabatten und Kunden, die regelmässig Kleider wegwerfen, sind Teil dieses Geschäftsmodells.
Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass die Modeketten tonnenweise alte Kleider als Kehricht entsorgen. Das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» hat elf grosse Mode-Händler dazu befragt. Das sind: H&M, Mango, Zara, New Yorker, Zalando, PKZ, Chicorée, Migros, Coop, C&A und Globus. Zehn davon antworten, sie würden keine unverkauften Kleider vernichten. Einzig das Zara-Mutterhaus Inditex antwortet nicht.
«Sale», «Sale» und nochmals «Sale»…
Die Schilderungen, was mit nicht verkauften Kollektionen passiere, klingen bei allen Unternehmen ähnlich: Das gebe es bei ihnen eigentlich nicht. In Ausverkäufen und Outlet-Stores würden die Kleider so lange vergünstigt, bis sie verkauft seien. Und was dann nicht verkauft ist, landet bei gemeinnützigen Organisationen und Hilfswerken. So geben es die verschiedenen Unternehmen in der Umfrage von «Espresso» an.
Nun kann man sagen: «Logisch, dass die das nicht zugeben.» Aber Beweise, dass Kleiderketten systematisch nicht verkaufte Mode in der Kehrichtverbrennung entsorgen finden sich weder in den Medien, noch im Internet oder bei der Nicht-Regierungsorganisation Public Eye. Sie schaut mit ihrer «Clean Clothes Campaign» der Bekleidungsindustrie genau auf die Finger.
Das Problem ist die Überproduktion
Also, alles in Butter? So einfach ist es nicht. Das zeigt auch folgende Aussage von I:CO, einem internationalen Unternehmen, welches beispielsweise auch für H&M Kleider verwertet: «Fast 150 Millionen Tonnen Kleidung und Schuhe werden weltweit pro Jahr verkauft. Nach dem Tragen landen 85% davon auf Mülldeponien oder werden verbrannt anstatt in Produkt- und Materialkreisläufe zurückzufliessen.»
Das Problem liegt im Geschäftsmodell «Fast Fashion». Dabei wird in hoher Frequenz Kollektion um Kollektion produziert. Schnelllebige Modetrends werden sofort und günstig umgesetzt und unter die Kundschaft gebracht. Die Entsorgung sei ein Teil dieses Geschäftsmodells, kritisiert Oliver Classen von Public Eye: «Und wer diese Entsorgung letztlich vornimmt, ob das diese Firmen selbst sind, oder ob die Kleidung in den Abfallsäcken der Konsumentinnen und Konsumenten landet: Entsorgt wird so oder so.»
Konsumenten sollen verzichten
Das Problem sei die Überproduktion. Das Marketing der Mode-Firmen nötige uns zum Kauf. Es suggeriere mit «Sale» und «Super-Sale» Dringlichkeit, sagt Classen: «Rabatte sind Teil dieses Geschäftsmodells.» Dass die Kleider am Ende zu einem Bruchteil des Anfangspreises verkauft würden, sei von Anfang an einberechnet. Auch, dass die Kundschaft diese Kleider bald wieder entsorge, gehöre zu «Fast Fashion».
Public Eye rät daher den Konsumentinnen und Konsumenten zu verzichten, nicht jeden Modetrend mitzumachen und sich von «Sale» nicht verführen zu lassen. Denn wie beim Essen «Food Waste», gebe es bei Kleidern «Fashion Waste».