Arbeitgeber sind verpflichtet, Arbeitnehmenden bei Krankheit weiterhin Lohn zu bezahlen, zumindest für eine begrenzte Zeit. Die Dauer hängt ab vom Dienstjahr und vom jeweiligen Kanton. Im ersten Jahr sind es drei Wochen, im 21. Dienstjahr sechs Monate.
Einen besseren Schutz bieten Krankentaggeldversicherungen. Sie übernehmen Lohnzahlungen für längere Zeit, wenn Angestellte krank werden und ausfallen. In der Regel zahlt die Versicherung zwischen 80 und 90 Prozent des letzten Lohnes, während maximal 730 Tagen.
Ohne Versicherung geht es an die Substanz
«Helvetiarockt» hat sich für den besseren Lohnschutz entschieden und eine Taggeldversicherung für die Mitarbeitenden abgeschlossen. Regula Frei, Co-Geschäftsführerin des Vereins, sagt: «Bei uns arbeiten alle Teilzeit. Die Löhne in der Musikbranche sind tief. Wenn jemand krank ist und dann ein Teil wegfällt, dann geht es ans Substanzielle.» Der Verein setzt sich für Diversität in der Musikwelt ein und beschäftigt rund ein Dutzend Mitarbeitende.
Rund zehn Jahre bezahlte der Verein Prämien. Als eine Mitarbeiterin an Krebs erkrankte und zwei weitere nach der Corona-Pandemie ausfielen, kündigte die Versicherung den Vertrag wegen «hoher Schadenbelastung». Das kritisiert Regula Frei: Eine Krankentaggeldversicherung müsse sowohl Arbeitnehmenden als auch Arbeitgebenden Sicherheit bieten.
Langjährige Kunden werden zur Kasse gebeten
Ähnliche Erfahrungen machte Peter Marti, Geschäftsführer von «Marti Communications». Mit der Versicherung kann er die Lohnfortzahlungspflicht für seine Firma mit 18 Mitarbeitenden absichern: «Wenn jemand ein Burnout hat, das sechs Monate oder bis zu zwei Jahren dauert, dann ist das für ein Unternehmen schwierig zu verkraften.» Nach mehreren Krankheitsfällen in seinem Team verdreifachte die Versicherung die Prämien auf rund 26'000 Franken. Peter Marti kritisiert, seit elf Jahren wäre die Firma Kundin der Versicherung, aber diese schaue nur die letzten drei Jahre an.
Lücken in der Gesetzgebung
Gemäss Kurt Pärli, Professor für soziales Privatrecht an der Universität Basel, ist dieses Vorgehen zulässig: «Krankentaggeldversicherungen sind Privatversicherungen und schöpfen den gesetzlichen Spielraum aus. Das Problem ist die lückenhafte Gesetzgebung.»
Stephan Kinks Betrieb ist im Bereich Hauswart-Dienstleistungen tätig. Auch er erhielt die Kündigung der Versicherung. In dieser Branche schreibt der Gesamtarbeitsvertrag (GAV) eine Krankentaggeldversicherung vor. Ohne diese müsste Stephan Kinks Firma Lohnausfall bezahlen wie eine Krankentaggeldversicherung, also 80 Prozent des Lohns, während zwei Jahren.
Parlament ist gefordert
Das Wegfallen der Versicherung ist deshalb für den Geschäftsführer der «Kink Haus Wartungen» existenzbedrohend: «Wenn es so Fälle gibt, die ich in der letzten Zeit gehabt habe und keine Versicherung springt ein, dann können wir den Laden dicht machen.»
Alle drei UnternehmerInnen haben versucht, die Situation mit neuen Versicherern zu lösen. Jedoch: Als Betrieb mit «hoher Schadenquote» will sie kein Versicherer in eine Kollektiv-Krankentaggeldversicherung aufnehmen.
«Das Parlament ist gefordert, Gesetze zu erlassen, die den Versicherungsschutz auf alle Arbeitnehmenden ausweiten», sagt Professor Kurt Pärli. Ein Obligatorium, wie es Mitte-Nationalrat Marco Romano fordere, gehe in die richtige Richtung.