In den Gassen der Altstadt von Waldshut-Tiengen (D) ist viel Mundart zu hören. An einem gewöhnlichen Samstag wimmelt es von Schweizerinnen und Schweizern, die im deutschen Grenzstädtchen auf Einkaufstour sind. Manuela Dössegger aus Seon (AG) will Kleider zur Konfirmation ihres Sohnes kaufen.
Auf die Rückerstattung der Mehrwertsteuer von 19 Prozent verzichtetet sie. Der Aufwand dafür sei ihr zu gross, erklärt Mutter Erika Lüscher, die Artikel seien ohnehin schon günstiger als in der Schweiz.
Auch Waldemar Lichtenwald hat wenig Lust, die Mehrwertsteuer von 7 Prozent auf deutsche Lebensmittel zurückzufordern. Mit Blick auf den vollgepackten Einkaufswagen meint der Familienvater aus Döttingen (AG), es lohne sich finanziell nicht. «Der Stau an der Grenze, dann muss man einen Parkplatz finden, die Schimpferei und Schubserei, nein, wegen zwei, drei Franken mache ich das nicht».
In Giuseppe Mercuris Fall jedoch ist die Mehrwertsteuer kein Pappenstiel. Der Immobiliensachbearbeiter aus Effretikon (ZH) hat vor einigen Monaten einen Möbelschrank für knapp 5000 Euro bei XXXLutz in Freiburg (D) gekauft. In der Hoffnung, dass man ihm 790 Euro Mehrwertsteuer zurückerstattet. Stattdessen waren es gerade einmal 596 Euro. 85 Euro würden vorerst einbehalten, weil Giuseppe Mercuri die originalen Unterlagen noch nicht eingereicht habe, so XXXLutz. Nach der Einreichung aller Unterlagen wird er unter dem Strich also 681 Euro bekommen.
Rund 25 Prozent behält «Planet» als Gebühr ein. Um den Dienstleister kommen die Kundinnen und Kunden von XXXLutz nicht herum. Dass er die Rückerstattung nicht persönlich erledigen und so Geld sparen kann, ärgert Mercuri. Er findet die Abwicklung wenig transparent. Ihn störe zudem, dass XXXLutz an der Rückerstattung mitverdiene.
Wer wie viel an der Rückerstattung verdient, bleibt ein Geheimnis
Der Möbelgrosshändler teilt «Kassensturz» mit, dass die Kosten für die Rückerstattung zwischen Dienstleister, deutschen Finanzbehörden und XXXLutz aufgeteilt würden. «… unser Anteil ist so gering gehalten, dass er nicht kostendeckend ist. Bitte haben Sie Verständnis, dass wir zu vertraglichen Details keine weiteren Auskünfte erteilen können.» Mit Hinweisschildern und mündlich durch das Verkaufspersonal weise man die Kundschaft darauf hin, dass die Rückerstattung durch «Planet» erfolge. «Planet» hat sich trotz mehrerer Versuche der Redaktion nicht zur Höhe der Gebühren geäussert.
Eine weitere Zuschauerin, Diana E., belegt gegenüber «Kassensturz» anonym, wie ihr nach einem Kauf von Kleidern und Parfüms in Hamburg (D) statt 399 Euro nur 297 Euro Mehrwertsteuer verrechnet wurden.
In ihrem Fall zog ihr «Global Blue» rund 25 Prozent für den Service ab. Mit dieser Gebühr decke man die Kosten für die Abwicklung, die Mieten für Rückerstattungsbüros und Gebühren an Zahlungsdienstleister, wie etwa Visa, schreibt «Global Blue».
Kritik vom Konsumentenschutz
Umso prononcierter äussert sich Sara Stalder. Die Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz versteht den Ärger der Kundschaft. Allerdings seien solche Abzüge nichts Aussergewöhnliches.
Wem dies zu aufwändig sei oder selten im Ausland im selben Laden wieder einkaufe, müsse wohl oder übel auf solche Dienstleister ausweichen und einen gewissen Anteil der Mehrwertsteuer abgeben, so Stalder. Einen gesetzlichen Anspruch auf eine Rückerstattung gebe es übrigens nicht.