Nebenkostenabrechnungen haben in den vergangenen zwei Jahren regelrechtes Schockpotenzial erlangt: Teures Öl und Gas trieben die Heizkosten massiv in die Höhe, saftige Nachzahlungen wurden fällig. Für viele Mieterinnen und Mieter eine belastende Situation.
Gefreut haben dürften sich hingegen die Immobilienverwaltungen: Steigen die Nebenkosten, steigt auch ihr Verwaltungshonorar. In der Summe geht es laut dem Mieterinnen- und Mieterverband um Millionen Schweizer Franken, ganz legal.
Bezahlen tut dies ein grosser Teil der Mieterschaft. So auch Rolf H. Er bemerkte, dass nicht nur die Heizkosten, sondern auch die Kosten für das Verwaltungshonorar in die Höhe geschossen sind: «Weil die Gaspreise gestiegen sind, bekommt Livit zusätzlichen Profit. Ohne dass sie eine wirkliche Mehrleistung gemacht haben.» Denn: Livit berechne ihr Honorar per Prozentsatz von den Nebenkosten.
Konkret bedeutet das: Rolf H. muss in der Periode 2022/23 rund 20 Franken mehr Honorar an seine Verwaltung zahlen als in der Vorperiode. Das klingt zunächst nach wenig Geld. Doch bereits für das ganze Wohnhaus summiert sich der Betrag auf über 1000 Franken, den die Mieterschaft mehr zahlen muss – plus satte 72 Prozent! Und dies abzüglich der Kulanz, die Livit gewährt hat.
Mieterverband: 60 Millionen Franken Mehrbelastung für Mietende
Grosse Verwaltungen betreuen schweizweit tausende Wohnobjekte. Der Mieterverband schätzt, dass Mietende letztes Jahr im Vergleich zum Vorjahr 60 Millionen Franken mehr für Verwaltungshonorare bezahlen mussten.
Rechtlich sei es korrekt, die Honorare prozentual zu berechnen. Dennoch hinterfragt Larissa Steiner, Co-Leiterin der Rechtsberatung vom Mieterverband Zürich, diese Praxis: «Die Verwaltungspauschale als Prozentsatz ist zu einer Zeit festgesetzt worden, als die Energiekosten in einem konstanten Bereich waren. Jetzt müssen wir uns fragen, ob das nicht eine versteckte Mietzinserhöhung darstellt, wenn wir die gleichen Prozentsätze anwenden.» Dass Verwaltungen einen derart grossen Mehraufwand hätten, um die Mehreinnahmen zu rechtfertigen, stellt sie infrage.
Verwaltungen verweisen auf Rechtsprechung
Anders sehen das die Immobilienverwaltungen. Der Branchenverband SVIT verzichtet auf ein Interview. Schriftlich teilt SVIT mit, die Rechtsprechung habe mehrfach bestätigt, dass die Verwaltungskosten nach Aufwand im Rahmen der branchenüblichen Ansätze abgerechnet werden dürfen. Die 60 Millionen Franken Mehreinnahmen seien für sie nicht nachvollziehbar.
Livit, der Verwaltung von Rolf H., war es aber offenbar auch nicht wohl mit den Mehreinnahmen. Noch im Vorjahr verzichtete sie freiwillig auf die Mehreinnahmen der Periode 2021/22. In der Folgeperiode war Livit aber weniger kulant und verzichtete nicht einmal auf die Hälfte der Honorarsteigerung.
Dass dies ungerechtfertigte Mehreinnahmen seien, bestreitet Livit. «Die Kulanz, zu der sich Livit unmittelbar nach Beginn der Energiemangellage entschieden hat, war als temporäre Sofortmassnahme geplant.»
Letztlich bleibt Gang zur Schlichtungsstelle
Mieter Rolf H. ist mit dieser Antwort seiner Verwaltung nicht zufrieden. Er will, dass Livit die ganzen Mehreinnahmen erlässt und gelangt mit seinem Fall an die Schlichtungsstelle. Das rät der Mieterverband all jenen, die von zu hohen Nebenkosten betroffen sind.