Ein Schwindel mit Ansage: Noch während die Firma Prime Forestry in Liquidation war, gründete deren Geschäftsführer Peter Möckli die Nachfolgefirma Sharewood.
Das Geschäftsmodell war dasselbe: Anleger sollen von der Holzhandelsfirma junge Balsa-, Eukalyptus- oder edlen Teakholzbäume kaufen und später mit gutem Gewinn verkaufen. Sharewood pflanzt die Jungbäume in Brasilien und verspricht Renditen bis 12 Prozent.
Schnell kamen Zweifel auf. Balsa-Bäume konnten nicht verkauft werden, angekündigtes Geld aus der Ausforstung blieb aus. «Kassensturz» fand heraus, dass einzelne Telefonverkäufer unter falschem Namen telefonierten und einen Rückkauf der Investition versprachen, was nie geschah. Dank Dokumenten aus dem Altpapier und Kontakt zu Insidern fand «Kassensturz» heraus, dass Sharewood für die Telefonverkäufe einen notorischen und verurteilten Betrüger eingespannt hatte.
Schwindel fliegt auf
2014 fragt «Kassensturz» bei der Finanzmarktaufsicht Finma und der Zürcher Staatsanwaltschaft nach, ob sie den sich abzeichnenden Betrug auf dem Radar hätten. Die Behörden zeigen Interesse. Doch es passiert noch nichts. Das Perfide: Sharewood konnte jahrelang unbehelligt Teakbäume verkaufen. Denn erst, wenn die Bäume nach 20 Jahren gefällt werden sollen, erfahren die Anleger, was aus ihrem Geld geworden ist.
In Deutschland handeln die Behörden
2018 weist «Kassensturz» Sharewood Millionenverluste nach und dokumentiert, dass die Baumverkäufer zu viel für die Bäume und für die Forstarbeit verrechnen. Die Behörden reagieren immer noch nicht. 2019 verbietet die deutsche Finanzdienstleistungsaufsicht Bafin den Verkauf von Bäumen. In der Schweiz geht der Schwindel munter weiter.
2019 erstreiten Anwälte der Münchner Kanzlei Klamert & Partner in Deutschland das erste von mehreren Urteilen, gemäss dem Sharewood den Anlegern die Investition samt Zins und sämtlichen Anwaltskosten zurückzahlen muss.
Erst 2020 eröffnet die Staatsanwaltschaft Zürich ein Strafverfahren. 2021 wird der Sharewood-Chef Möckli verhaftet. Es gilt die Unschuldsvermutung. Von den 100 Millionen Franken Kundengeldern kann die Staatsanwaltschaft noch 200’000 sicherstellen.
Weshalb hat die Finma den Verkauf nicht verboten, wie die deutsche Bafin? Die Finma schreibt: «Allgemein lässt sich festhalten, dass die Rechtsordnung, bzw. die Rechtsprechung im Schweizer Finanzmarktrecht nicht deckungsgleich ist mit jener in Deutschland.»
Staatsanwaltschaft sieht keinen Anfangsverdacht
Und die Staatsanwaltschaft? Weshalb hat es so lange gedauert, bis sie den Sharewood-Chef verhaften liess? Auch sie antwortet wegen des noch immer laufenden Verfahrens nur allgemein: «Die Staatsanwaltschaft kann und darf nur dann tätig werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Straftat vorliegen. Würde die Staatsanwaltschaft ohne hinreichenden Anfangsverdacht tätig, wären alle erhobenen Beweise unverwertbar.»
Das Telefonieren mit falschen Namen, die Anstellung eines seit Mitte der 90er-Jahren bekannten und später verurteilten Betrügers und die missbräuchliche Verwendung von Kundengeldern: Reicht das nicht für eine frühere Verhaftung? Die Staatsanwaltschaft schreibt: «Die Verhaftung (…) setzt einen dringenden Tatverdacht voraus. Dazu müssen konkrete, belastbare Belege für die Strafbarkeit einer Person vorliegen.» Für die Anleger unverständlich: Noch immer warten sie auf ihr Geld.