Maria (Name geändert) ist seit einer Weile Single. 2021 lässt sich die 69-Jährige von ihrem Umfeld dazu überreden, sich auf einem Datingportal anzumelden. Dort lernt sie einen Mann kennen, der ihr sehr sympathisch ist. Er nennt sich Alan B. und kommt angeblich aus Bern. «Wir hatten sehr vieles gemeinsam. Es ist ein attraktiver Mann, gut situiert – ein Familienmensch», erzählt Maria. Sie telefonieren regelmässig, chatten per SMS und Maria beginnt ihm zu vertrauen. Bis er sie plötzlich um Geld bittet.
«LiebeÜ50» ignoriert Warnung vor Schwindler
Alan B. fordert bis zu 20'000 Franken. Doch die Rentnerin weigert sich, ihm etwas zu überweisen. Sie meldet ihn bei der Plattform und löscht ihren Account.
Ein Jahr später wagt Maria einen neuen Versuch und meldet sich beim Datingportal LiebeÜ50.ch an. Knapp einen Monat nachdem sie sich registriert, macht sie eine haarsträubende Entdeckung: Alan B. ist auch hier auf der Suche nach Liebe. Diesmal will er in Schwyz wohnhaft sein. Sofort meldet sie den mutmasslichen Schwindler beim Kundendienst von «LiebeÜ50.ch». Sie will ihren Account umgehend kündigen, doch auf Ihre E-Mails reagiert niemand.
390 Franken automatisch abgebucht
Nach etwa zwei Monaten bemerkt Maria, dass die Partnervermittlung 389 Franken von ihrer Kreditkarte abgebucht hat. «Als ich mich beim Kundendienst beschwerte, teilte man mir mit, dass mein Abo automatisch verlängert wurde und ich nur per Fax oder per Brief kündigen könne», so die Rentnerin. Die beantragte Rückforderung der Abogebühren wird abgelehnt.
Dass die Webseite mit fragwürdigen Methoden arbeitet, zeigt ein Selbstversuch eines «Kassensturz»-Reporters. Nachdem er sich kostenlos auf der Plattform registriert, erhält er nach wenigen Minuten bereits Anfragen von «interessierten» Frauen. Innert drei Tagen bereits 63 E-Mails und 17 Direktnachrichten von potenziell interessierten Frauen.
Mitarbeiter ködern Nutzer
Die Krux: Wer diese Nachrichten lesen möchte, muss ein teures Premium-Abo kaufen. Ein Blick in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen offenbart zudem: Diese Nachrichten kommen nicht von Nutzern der Plattform, sondern von Mitarbeitern der Plattform. In den AGB von «LiebeÜ50.ch» steht Folgendes geschrieben:
Dem Nutzer/Mitglied ist auch bekannt, dass LiebeÜ50 sogenannte Animateure einsetzt, um Nutzer/Mitglieder zur interaktiven Kommunikation zu motivieren. Hierbei handelt es sich um reale Personen. Dem Nutzer/Mitglied ist allerdings bewusst, dass er die eingesetzten Animateure nicht im realen Leben treffen kann.
Mit moderierten Profilen Kunden ködern: Eine Methode, die das Staatssekretariat für Wirtschaft gegenüber SRF bereits 2018 in einem ähnlichen Fall als unlauter bezeichnete. Dem stimmt auch Sara Stalder vom schweizerischen Konsumentenschutz zu. Sie rät, sich gut zu informieren und die Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu lesen, bevor eine Seite wie «LiebeÜ50.ch» genutzt wird.
Betreiber arbeitet mit mehreren Webseiten
Die Webseite «LiebeÜ50.ch» wird von der Alpha Internet Services GmbH betrieben. Das Unternehmen mit Sitz in Österreich unterhält noch mindestens fünf weitere solcher Datingportale – mit identischen Geschäftsbedingungen. Die Firma ist weder per Telefon noch per Mail erreichbar. Und auch auf einen Brief mit Fragen zu den fragwürdigen AGB erhält «Kassensturz» keine Antwort.