«Da oben, auf der rechten Seite neben dem Dachfenster, da sollte die Photovoltaikanlage installiert werden. Knapp 12'000 Franken bezahlte ich per Vorkasse, doch bis heute wurde die Anlage nicht geliefert», erklärt Daniele Rizzo. Die Anzahlung leistete er im November 2022. Mitarbeiter der Solaranlagen-Firma Clean Energy Industries waren vor Ort, im Juni 2023 lag die Baubewilligung vor. «Doch danach passierte nichts mehr, niemand war erreichbar, bis heute nicht», sagt Daniele Rizzo, «das Geld und die Anlage habe ich abgeschrieben».
Bei «Kassensturz» haben sich mehrere weitere betroffene Kunden gemeldet. Daniele Rizzo erzählt, dass er in einem Chat mit 25 Betroffenen im Austausch stehe. «Einige haben Anzeige erstattet, wegen Betrugs und Veruntreuung, so auch ich», sagt er.
Zockte die Firma systematisch Kundinnen und Kunden ab? Denn Projekte, die die Firma auf ihrer Webseite unter «Referenzen» aufführt, sind Fake-Referenzen. Es sind nämlich keine Bilder von Clean-Energy-Projekten, sondern Fotos einer internationalen Bildagentur, das zeigt eine kurze Recherche im Internet. Weitere Recherchen führen zu einer ehemaligen Mitarbeiterin von Clean Energy: Sarah-Jane Becker.
Sie hatte Einblick in die Geldflüsse und verliess das Unternehmen im Mai, nachdem für sie klar geworden war, dass der Geschäftsführer die Firma an die Wand fahre und Firmengelder abzweige. «Für seine privaten Bedürfnisse, die ganzen Luxusgüter, waren es rund 400'000 Franken.»
Staatsanwaltschaft St. Gallen bestätigt Strafverfahren
Laut der Internetseite der Firma ist Daniel Khüny Geschäftsführer. Für die ehemalige Mitarbeiterin ist klar, er handelte vorsätzlich: «Er hat die Kunden betrogen, denn er wusste ja, wie viel er vom Firmenkonto für sich abzweigte. Er wusste, dass er keine Rechnungen und Mitarbeiter mehr bezahlen kann. Wenn man das weiss und die Zahlen kennt, dann betrügt man wissentlich.»
Die Staatsanwaltschaft St. Gallen bestätigt, dass im Zusammenhang mit den Tätigkeiten der Firma Clean Energy Industries GmbH ein Strafverfahren wegen Betrugs läuft. Es gilt die Unschuldsvermutung.
Der Auszug aus dem Betreibungsregister zeigt: Es geht um viel Geld. Die Firma wird auf über 125'000 Franken betrieben. Viele der Betroffenen dürften Kunden sein.
Ex-Firmen-Inhaber weist jede Schuld von sich
Doch wo ist Daniel Khüny? Nach mehrmaligem Versuch, Kontakt mit ihm aufzunehmen, meldet er sich per E-Mail und weist die Vorwürfe zurück. «Ich war als Jungunternehmer überfordert, alles lief aus dem Ruder. (...) Ich setzte auf die falschen Leute. (...) Ich wüsste nicht, welche Luxusgüter ich bezogen habe. (...) Dass ein Strafverfahren laufen soll, ist mir neu.» Er habe die Firma verkauft, der neue Besitzer sei Ansprechperson.
Tatsächlich: Laut dem Handelsregistereintrag wurde die Firma Ende Juli 2023 verkauft. Zum neuen Besitzer kann jedoch kein Kontakt hergestellt werden. Der neue Besitzer blieb unauffindbar.