Stress bei Umzug
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Dreckiges Geschäft mit der Wohnungsreinigung
Das Unternehmen Putzfreunde fordert trotz Preisgarantie plötzlich mehr Geld und droht die Reinigungskräfte abzuziehen.
Autor:
Andrea Thurnherr
22.08.2024, 14:54
Umziehen ist Stress pur. Umso verlockender ist es, das mühselige Putzen am Schluss anderen zu überlassen. Genau das wollten sich Jaspar E. und seine Zwei-Mitbewohner-WG leisten: Die Reinigungsfirma Putzfreunde soll die aufwändige Schlussreinigung für sie übernehmen. Kostenpunkt: 2000 Franken – inklusive Fixpreis – und Abnahmegarantie.
Keine Spur von Fixpreisgarantie
Doch kaum hat die Reinigungsequipe mit der Arbeit begonnen, meldet sich Putzfreunde bei Jaspar E. «Sie haben uns gesagt, die Wohnung sei dreckiger als wir bei der Buchung angegeben hätten», sagt der Student Jaspar E.
Putzfreunde fordert für den angeblichen Mehraufwand zusätzliche 1000 Franken – ein Aufpreis von 50 Prozent. Zahlbar innert 15 Minuten via Twint: für die Studenten viel Geld. Doch noch am selben Abend ist der Abgabetermin der Wohnung angesetzt. Tags darauf ziehen die Nachmieter ein.
Sie zahlen – aus Zeitdruck. «Er hat mir vermittelt, dass die Wohnung an diesem Tag nicht fertig sein wird, wenn ich nicht zahle», sagt Jaspar E.
Dutzende Betroffene
Ähnliches erleben gleich mehrere Personen, die sich bei «Kassensturz» melden. Darunter Michèle B. aus dem Kanton Aargau. Kaum legen die Putzfreunde mit der Reinigung der 2.5-Zimmer-Wohnung los, kommt auch hier die Forderung nach mehr Geld.
Obwohl Michèle B. bereits rund 1000 Franken gezahlt hat, will Putzfreunde zusätzliche 490 Franken von ihr. Die Begründung ist die Gleiche wie bei der WG: Mehraufwand wegen angeblich mehr Dreck.
Bewertungen auf Portalen wie Google und Trustpilot schildern vergleichbare Vorfälle. Das Vorgehen von Putzfreunde scheint System zu haben.
Nachforderungen laut Verband unzulässig
Gebucht hat Michèle B. den Reinigungsservice online. Dort müssen Kundinnen und Kunden selbst bestimmen, wie verschmutzt ihre Wohnung ist. Aufgrund dieser Angaben erstellt Putzfreunde die Offerte. Michèle B. beteuert, sie habe das nach bestem Wissen und Gewissen ausgefüllt. «Dass dann so ein Mehrpreis entsteht, damit haben wir definitiv nicht gerechnet.»
Üblich sei dieses Vorgehen nicht, heisst es bei Allpura, dem Verband der Reinigungsunternehmen. «Richtig wäre, dass sich Reinigungsunternehmen vor Offertenerstellung die Wohnung anschauen», sagt Karin Funk, die Geschäftsführerin von Allpura. Nur dann wisse man, wie gross der Reinigungsaufwand tatsächlich sei.
Tue dies ein Unternehmen nicht, so könne dieses die Mehrkosten nicht einfach nachfordern. Funk stellt klar: «Offeriert man eine Pauschale aufgrund einer Deklaration, die der Kunde macht, so gilt dieser Preis.» Die ursprünglich offerierten Preise schätzt Allpura als branchenüblich ein.
Trotz Nachzahlungen: Sauber sind die Wohnungen nicht
Sowohl Jaspar E. als auch Michèle B. bezahlten die hohen Nachforderungen von Putzfreunde, um die Wohnungsübergabe nicht zu gefährden. Doch kurz darauf kam die zweite böse Überraschung: Beim Abgabetermin mit der Verwaltung waren die Wohnungen nicht sauber, obwohl Putzfreunde eine Abnahmegarantie verspricht.
So wählt man ein seriöses Reinigungsunternehmen
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Allpura, der Verband der Reinigungsunternehmen, empfiehlt auf folgende Punkte zu achten:
- Auf der Website sind verantwortliche Personen mit Namen und Funktion aufgeführt. Idealerweise zeigen sie sich mit Foto und führen weitere Mitarbeitende auf.
- Das Unternehmen besichtigt das Objekt persönlich, bevor eine Offerte erstellt wird.
- In der schriftlichen Offerte ist klar ersichtlich, welche Arbeiten das Unternehmen durchführt und was sie reinigen. Auch die Abnahmegarantie und der Termin für die Abnahme sind aufgeführt. An der Wohnungsabnahme durch die Vermietung ist eine zuständige Person des Reinigungsunternehmens vor Ort.
- Das Unternehmen hält sich an den Gesamtarbeitsvertrag der Reinigungsbranche, bestätigt die Zahlung von Mindestlöhnen sowie Vollzugskostenbeiträgen.
- Angebote mit Ansätzen von unter CHF 35 pro Stunde sind unseriös. Gute Reinigungsunternehmen arbeiten mit bedeutend höheren Ansätzen.
Richtpreise für Wohnungsendreinigungen führt der Verband auf seiner Website auf.
«Die Abnahme war äusserst unangenehm für mich», sagt Michèle B. Verschiedene Stellen seien noch schmutzig gewesen. «Teils hatte ich das Gefühl, dass sie gar nicht geputzt haben.» Ein Fenster musste sie einige Tage später sogar selbst erneut putzen.
Die WG von Jaspar E. war sogar noch so verschmutzt, dass der Vermieter eine externe Firma für eine zweite Reinigung aufgeboten hat – auf Kosten der Studenten.
Das sagt Putzfreunde
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«Kassensturz» hat das Unternehmen Putzfreunde mit den Vorwürfen konfrontiert. Vor der Kamera wollte der Geschäftsführer U.Y. nicht Stellung nehmen. Er schreibt «Kassensturz»:
«Ich weise den Vorwurf, Nachzahlungen am Putztag seien Teil unseres Geschäftsmodells, entschieden zurück.»
Zudem gibt das Unternehmen an, dass Besichtigungen vor Ort oder per Video-Call möglich seien. Putzfreunde bedaure, dass einige Personen mit ihrer Arbeit unzufrieden gewesen seien.
Sie bieten unzufriedenen Kundinnen und Kunden an, sich bei ihnen zu melden, um eine faire Lösung zu finden.
Putzfreunde hält fest: «Richtig ist, dass in beiden Fällen (…) nicht im Wesentlichen der Verschmutzungsgrad zu Mehrkosten führte (diesbezügliche Mehrkosten entstanden aufgrund von unrichtigen Angaben der Kunden selbst), sondern die von den Kunden explizit gewünschten und vereinbarten Extras. Diese Extras wurden vertraglich transparent ausgewiesen und waren somit gerade nicht Teil der Pauschale(n).»
Anmerkung der Redaktion: Im Fernsehbeitrag wurde gesagt, die Wohngemeinschaft sei eine 4-Zimmerwohnung. Das ist falsch, es handelt sich um eine 5,5-Zimmerwohnung.
Gegendarstellung Putzfreunde
«Im Beitrag wird behauptet, die von den Kunden angegebenen Verschmutzungsgrade seien ausschlaggebend für die zusätzlichen finanziellen und zeitlichen Aufwände gewesen. Diese Darstellung ist nicht zutreffend. In den Fällen des Kunden Jaspar E. und Michèle B. waren die kurzfristig gewünschten Extras, die nicht im Pauschalangebot enthalten waren, die Hauptursache für die Mehraufwände und die daraus resultierenden Verzögerungen. Daher ist auch die Aussage von Karin Funk in Bezug auf Putzfreunde unzutreffend, wonach Nachforderungen bei Pauschalangeboten unzulässig seien. Ebenso irreführend ist die Behauptung, Putzfreunde könne eine fristgerechte Reinigung nur sicherstellen, wenn im Voraus bezahlt werde. Kurzfristig angeforderte oder notwendige Zusatzleistungen fallen in den Verantwortungsbereich der Kunden und sind gemäss Vereinbarung im Voraus zu bezahlen. Schliesslich ist auch die Behauptung unwahr, Putzfreunde habe im Falle des Kunden Jaspar E. eine Besichtigung vor Ort abgelehnt. Richtig ist, dass Putzfreunde zu keiner Zeit eine Besichtigung abgelehnt hatte.»
Kassensturz, 20.08.24, 21:10 Uhr