Für die Gesundheit ist das problematisch: «Zucker ist für den ganzen Körper, für alle Organe schädlich», warnt Bettina Wölnerhanssen. Die Ärztin forscht seit Jahren zu den Folgen des Zuckerkonsums. Übergewicht und Diabetes nehmen in der Schweiz massiv zu. «Diese Erkrankungen sind ein kritisches Problem für die öffentliche Gesundheit, und der Zuckerkonsum ist dabei ein wichtiger Faktor», erklärt die Forscherin.
Am meisten Zucker nehmen wir in Süssigkeiten und Getränken zu uns. Doch Zucker versteckt sich auch in Produkten, die einen gesunden Eindruck machen. Wie gut sind Sie darin, Zuckerfallen zu erkennen?
Hohe Zuckergehalte trotz Industrie-Versprechen
Auch die Behörden sind besorgt über den vielen Zucker in unseren Lebensmitteln. 2015 wurde die sogenannte «Erklärung von Mailand» lanciert: Alt-Gesundheitsminister Alain Berset vereinbarte in den Folgejahren mit 24 Firmen eine freiwillige Selbstverpflichtung, den Zucker beispielsweise in Joghurts und Süssgetränken zu reduzieren. Das Ziel: Zwischen 10 und 20 Prozent weniger Zucker im Zeitraum von zwei bis sieben Jahren.
Das überzeugt Konsumentenschützerin Sara Stalder nicht: «Die Firmen reduzieren Zucker bei einem kleinen Teil ihres Sortimentes. Aber sicher nicht bei den Bestsellern, an denen wollen sie gar nichts ändern.» Dass die Senkungen übers ganze Sortiment hinweg zusammengerechnet werden, findet sie «Bschiss».
Die Lebensmittelindustrie sieht das anders: «Die Industrie arbeitet seit Jahren daran, den Zuckergehalt in den Lebensmitteln zu reduzieren», sagt Karola Krell Zbinden von der Föderation der Nahrungsmittelindustrien. Das sei eine grosse Herausforderung, denn weniger Zucker bedeute weniger Geschmack - der müsse ersetzt oder ergänzt werden.
Gleich viel Geschmack mit weniger Zucker
Studien zeigen hingegen, dass Konsumentinnen weniger Zucker oft gar nicht bemerken. Bis zu 16 Prozent weniger Zucker in Fruchtjoghurt und bis zu 22 Prozent in Cerealien sind möglich, ohne dass im direkten Vergleich ein Unterschied bemerkt wurde. In diesem Licht scheinen die Ziele der Industrievereinbarung wenig ambitioniert.
«Ohne Zuckerzusatz» kann trügerisch sein
Andere Produkte enthalten viel Zucker und tragen trotzdem die Aufschrift «Ohne Zuckerzusatz». Etwa Jamadu «Fruit & Herbal Tea» mit 7 Gramm Zucker pro Dezi – Coca Cola hat 10.6 Gramm. Der Zucker kommt aus den enthaltenen Fruchtsäften. Oder Ovomaltine: 100 Gramm Pulver enthalten 42 Gramm Zucker aus den Zutaten Malzextrakt und Milchpulver.
Ist das erlaubt? Gemäss Gesetz darf «ohne Zuckerzusatz» auf der Verpackung stehen, wenn kein Zucker zugesetzt wurde und kein «anderes wegen seiner süssenden Wirkung verwendetes Lebensmittel ». Coop und Wander stellen sich auf den Standpunkt, Fruchtsaft respektive Malzextrakt seien geschmacksgebende Haupt-Komponenten, darum sei diese Formulierung erlaubt.
Ist Fruchtzucker schädlich?
Ist der Zucker aus dem Fruchtsaft gesünder als Kristallzucker in einem Süssgetränk? Nein, sagt Ernährungswissenschaftlerin Esther Infanger: «Fruchtzucker aus Säften, Smoothies und Pürees geht genau so schnell ins Blut. Ausserdem sättigen flüssige oder pürierte Produkte kaum. Darum nimmt man schnell grössere Portionen zu sich als von frischen Früchten.»
Bei Säften & Co. überwiegen die negativen Effekte des Zuckers gegenüber den positiven Effekten, welche Vitamine oder Mineralstoffe bringen. Aber: Zwei Portionen Früchte pro Tag sind empfohlen, über den Fruchtzucker darin brauche man sich keine Sorgen zu machen.