Das Wichtigste in Kürze
- Mit dem Projekt «Simcar» untersucht der TCS die gesellschaftlichen Konsequenzen selbstfahrender Autos.
- Dabei wird anhand eines Autos mit Chauffeur getestet, wie sich Probanden verhalten, wenn sie ständig ein autonomes Fahrzeug zur Verfügung haben.
- Schon vor Abschluss des Experiments zeigt sich, dass selbstfahrende Autos Mehrverkehr generieren können. Gleichzeitig deuten die Erfahrungen darauf hin, dass Zweitautos überflüssig werden könnten.
Welche gesellschaftlichen Folgen könnten selbstfahrende Autos einst haben? Diese Frage treibt Verkehrsplaner derzeit um. Verlässliche Antworten gibt es bis jetzt kaum; lediglich Vermutungen, dass der Verkehr deutlich zunehmen könnte und die Strassen noch mehr verstopft sein werden als heute schon. Denn es liegt auf der Hand: Selbstfahrende Autos sind bequem. Und es können auch Personen damit fahren, die keinen Führerschein haben: Beispielsweise Jugendliche, die zum Sporttraining müssen.
Der stumme Chauffeur
Werden wir also tatsächlich alle – eben wirklich alle – noch viel mehr mit dem Auto unterwegs sein, wenn sich autonomes Fahren durchsetzt? Der TCS will mit dem Projekt «Simcar» zu einer verlässlichen Antwort auf diese Frage beitragen.
Mehrere Probanden im Grossraum Zürich erhalten dazu während jeweils zwei Wochen ein «selbstfahrendes» Auto: Ein Auto mit Chauffeur, das via App bestellt werden kann. Der Chauffeur muss sich dabei an die genauen Anweisungen halten, die via App eingehen. Er darf nicht mit den Probanden sprechen und darf ihnen auch nicht beim ein- und ausladen von Gepäck oder Einkäufen helfen.
«Ich würde sofort umsteigen»
Einer der Probanden, die der TCS für das Projekt ausgewählt hat, zeigt sich gegenüber dem SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» begeistert: «Wenn ich das künftig so nutzen könnte, wie jetzt während dieses Tests: Ich würde sofort umsteigen», sagt er. «Das ist so unglaublich bequem.»
Normalerweise fahre er mit dem Roller zur Arbeit. Damit spare er Zeit und er müsse keinen Parkplatz suchen. Zwei Probleme, die mit einem selbstfahrenden Auto aus dem Weg geräumt wären. «Wenn der Arbeitsweg etwas länger dauert, spielt das keine Rolle, denn ich muss ja nicht fahren, sondern kann im Auto arbeiten.»
Seine Partnerin, die ebenfalls am Projekt teilnimmt, ist nicht ganz so begeistert. Da es ihr schlecht werde, wenn sie im Auto arbeite, falle dieser Vorteil schon mal weg. Zudem sei sie gerne mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. «Natürlich ist es bequem, wenn man immer einen Chauffeur zur Verfügung hat, aber das steigert mein persönliches Wohlbefinden nicht so sehr, dass ich mir das immer wünschen würde.»
Beide sind sie überzeugt, dass sich selbstfahrende Fahrzeuge durchsetzen werden. Die Ängste, sich einer Maschine anzuvertrauen, würden sich früher oder später legen. Das sei sicher eine grosse Hürde, sagt er: «Ich glaube aber, dass durch Technik Unfälle verhindert werden können.»
Mehrfahrten zeichnen sich ab
Auch Projektleiter Maik Hömke vom TCS ist sicher, dass wir uns früher oder später ganz selbstverständlich in autonome Fahrzeuge setzen werden. Daher spiele es für ihn auch keine grosse Rolle, dass «Simcar» die Realität nicht vollständig simuliere.
«Wir testen mit den gegebenen Möglichkeiten: Ein selbstfahrendes Auto, das man auf die Strasse schicken könnte, gibt es noch nicht.» Mit den strengen Vorgaben an die Chauffeure sei man aber so nah wie möglich an der Realität. Man wolle aufzeigen, was passieren werde, wenn sich die Technik durchsetze.
Nach den ersten Testläufen zeige sich, dass tatsächlich Mehrfahrten generiert würden. Das jeweilige Auto wird also von den Probanden mehr genutzt als das Fahrzeug, dass sie sonst in ihrem Alltag benutzen. «Gleichzeitig stellen wir aber auch fest, dass bei Familien mit zwei Fahrzeugen ein Auto eingespart werden könnte.» Und eine weitere Erkenntnis sei, dass der klassische ÖV-Nutzer nicht einfach für jede Fahrt das automatisierte Auto nutze.
Der Test läuft noch bis Ende Jahr. Die definitiven Ergebnisse will der TCS nach eigenen Angaben im Frühjahr 2019 veröffentlichen. Diese werden zwar aufgrund des Versuchsaufbaus nicht hieb- und stichfest sein, aber – so hoffen die Verantwortlichen des TCS – doch einen Beitrag leisten zur Diskussion darüber, was passieren wird, wenn die selbstfahrenden Autos die Strasse übernehmen.