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Fristlose Kündigung Au-pair Schock: Gekündigt ohne Grund – was nun?

Fristlose Kündigung ohne Angabe eines Grundes. Ist das rechtens? Wie kann man sich wehren?

Der 16-jährige Sohn eines Freiburger Vaters beginnt als Au-pair – bei einer befristeten Stelle für ein halbes Jahr. Gemäss Vertrag wurde ein Lohn von 500 Franken pro Monat vereinbart. Zu den Aufgaben gehören kleinere Haushaltsarbeiten, wie kochen, mit dem Hund spazieren gehen, den Hasen füttern – aber auch den kleinsten Jungen in den Kindergarten bringen.

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Rechtsexpertinnen Raphaela Reichlin und Gabriela Baumgartner
Legende: Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin Quelle: SRF Oscar Alessio / Roberto Crevatin

Die Rechtsexpertinnen Gabriela Baumgartner und Raphaela Reichlin beantworten jeden Donnerstag im «Espresso» eine Rechtsfrage. Hier geht es zu den bisherigen Antworten.

Falls auch Sie eine Frage haben, schreiben Sie uns.

Nach dem ersten Monat heisst es auf Nachfrage des Vaters, es laufe alles bestens. Mitte des zweiten Monats sagt die Frau dem Au-pair plötzlich, er müsse am nächsten Tag nicht mehr kommen. Für den Jungen unerklärlich, einen Grund nennt sie nicht.

Der Sohn hätte gerne weitergearbeitet, aber vor allem hat er auch für die bereits geleisteten sechs Wochen Arbeit keinen Lohn erhalten. Sein Vater möchte nun wissen: «Wie können wir uns wehren und den Lohn für unseren Sohn einfordern?»

Begründung verlangen

Laut Gesetz ist die Arbeitgeberin verpflichtet, eine Kündigung schriftlich zu begründen. Wird keine Begründung geliefert, sollte man unbedingt eine schriftliche Begründung verlangen. Dies sollte auch der 16-jährige Junge tun, am besten mittels eines eingeschriebenen Briefes.

Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung

Damit eine fristlose Kündigung zulässig ist, braucht es einen «wichtigen Grund» – von beiden Seiten, Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

Beispiele für «wichtige Gründe»

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  • Bewerbung unter falschen Angaben
  • Strafbare Handlungen am Arbeitsplatz (z.B. Fälschung von Spesenabrechnungen oder Unterschriften, Diebstahl, Schmiergeldannahme, sexuelle Übergriffe etc.)
  • Nicht tadelloses Privatleben (z.B. Privatkonkurs)
  • Illoyales Verhalten (z.B. Verrat von Geschäftsgeheimnissen, konkurrenzierende Tätigkeit etc.)
  • Arbeitsverweigerung
  • Tätlichkeiten oder Beleidigung von Vorgesetzten oder Mitarbeitenden z.B. gegenüber dem Vorgesetzten bei Ausdrücken wie «Sie können mich mal ...», profitgeiles Arschloch», «Trottel» etc.)

Unzulässige fristlose Kündigung

Kleinere Vorfälle rechtfertigen keine fristlose Kündigung. Zudem müsste eine Arbeitgeberin bei kleineren Vorfällen den Arbeitnehmer zuerst mahnen, bevor eine Kündigung ausgesprochen wird. Erledigt ein Arbeitnehmer seinen Job nicht gut – oder nicht gut genug in den Augen der Chefin –, so ist dies auch kein Grund für eine fristlose Kündigung, höchstens für eine ordentliche Kündigung.

Beispiele für kleinere Vorfälle

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Solche Vorfälle rechtfertigen keine fristlose Kündigung ohne vorgängige Abmahnung:

  • Fernbleiben von der Arbeit ohne guten Grund
  • Verspätetes Erscheinen am Arbeitsplatz
  • Unverhältnismässig hoher Internetkonsum oder übermässiges Telefonieren am Arbeitsplatz
  • Nichtbefolgung von Weisungen des Arbeitgebers

Wie kann sich der Junge wehren?

Grundsätzlich sollte der Junge der Frau gegenüber seinen Arbeitswillen bekunden – und zwar für die gesamte Zeit des befristeten Arbeitsverhältnisses. So hätte er die Chance, den Lohn für die ganze Dauer des eigentlich vereinbarten Zeitraumes einzufordern. Sicher hat er aber den Lohn zugute, den er erhalten hätte, wenn eine normale Kündigungsfrist eingehalten worden wäre. Und auf jeden Fall muss ihm der Lohnanteil ausgezahlt werden für seine tatsächlich geleistete Arbeit – die sechs Wochen, während derer er als Au-pair tätig war.

Weitere Informationen

Sollte sich nichts tun, so besteht die Möglichkeit, vor das Arbeitsgericht zu gehen. Geht es um weniger als 30'000 Franken, ist ein solches Verfahren kostenlos.

Fazit zum Fall

Im vorliegenden Fall haben sich die Eltern bei der Frau auf schriftlichem Weg gemeldet, den Arbeitswillen des Sohnes kundgetan und eine Begründung gefordert. Nachdem zunächst Funkstille geherrscht hatte, prüften die Eltern den Rechtsweg einzuschlagen. Daraufhin hat die Frau das Geld für die geleistete Arbeit überwiesen.

Espresso, 27.3.25, 8:10 Uhr

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