Nein. Karl darf diesen Parkplatz nicht blockieren, bis Karla angefahren kommt und ihren Wagen draufstellen kann.
Die Rechtslage zu dieser Frage ist zwar nirgendwo gesetzlich geregelt, weder in einer Parkordnung noch im Gesetz über den Strassenverkehr (SVG). Dennoch sind sich Juristinnen und Juristen einig: Aus den erwähnten Gesetzen lässt sich ableiten, dass Parkplätze ausschliesslich zum Abstellen von Autos da sind. Fussgängerinnen und Fussgänger dürfen sich nicht auf Parkplätzen «niederlassen», auch nicht für kurze Zeit und auch nicht, um den Platz für einen Automobilisten freizuhalten.
Streit um Parkplatz endet vor Gericht
Ein solcher Streit um einen Parkplatz schaffte es vor etwas mehr als 20 Jahren vor das Zürcher Obergericht. Ein Kaminfeger stellte sich in der Zürcher Innenstadt auf einen Parkplatz, um ihn für seinen Kollegen freizuhalten. Ein darüber erboster Automobilist drängte sich mit seinem Fahrzeug auf den Parkplatz. In der Folge kam es zwischen den beiden Männern zuerst einer lautstarken Auseinandersetzung («Du Schafseckel» – «Drecksau») und dann zu einem Handgemenge.
In der Folge deckten sich die beiden Streithähne wechselseitig mit Anzeigen wegen Beschimpfungen und Tätlichkeiten ein. Die Angelegenheit beschäftigte schliesslich das Obergericht.
Allerdings hatte dieses über die juristische Einordnung der Auseinandersetzung zu befinden. Die Frage, ob man einen Parkplatz für jemand anderen blockieren darf, blieb offen.
In Deutschland haben Automobilisten ein «Notwehrrecht»
Anders in Deutschland: Das Oberlandesgericht Naumburg räumte in gleicher Sache in einem Urteil verärgerten Automobilisten ein «Notwehrrecht gegenüber verkehrswidrig handelnden Fussgängern» ein. Die Folge: Ein Automobilist darf vorsichtig auf den von einem Fussgänger blockierten Parkplatz fahren und diesen so «zum Rückzug bewegen». Dieses Recht lässt sich aber nicht eins zu eins auf Schweizer Verhältnisse übertragen: In Deutschland ist – anders als in der Schweiz – das Blockieren von Parkplätzen gesetzlich ausdrücklich verboten.