Ein Albtraum für eine «Espresso»-Hörerin aus Basel. Für den immer näher kommenden schönsten Tag ihres Lebens (und den ihres künftigen Ehemannes) entschied sie sich für ein traditionelles Hochzeitskleid in einem Fachgeschäft.
Mehr als zwei Stunden probierte die Frau verschiedene Kleider an und liess sich bei der Wahl von der Verkäuferin beraten. «Ich entschied mich schliesslich für ein Kleid und bezahlte den Preis von fast 2000 Franken sogleich im Geschäft», schreibt sie dem Konsumentenmagazin «Espresso» von Radio SRF 1. Mitnehmen konnte sie das Kleid allerdings nicht. Das Fachgeschäft musste es – wie bei Brautkleidern üblich – zuerst beim Lieferanten bestellen.
Bereits einen Tag nach dem Kauf packten die Braut Zweifel. Nach einer weiteren schlaflosen Nacht teilte sie dem Fachgeschäft mit, sie habe sich gegen das Kleid entschieden und wolle die Bestellung rückgängig machen. Das gehe nicht, antwortete der Geschäftsleiter. Bei Kaufverträgen gebe es kein Rücktrittsrecht. Weil man die Bestellung aber noch nicht aufgegeben habe, sei das Geschäft aus Kulanz bereit, ihr einen Gutschein in Höhe des Kaufpreises zu geben.
Die Braut will keinen Gutschein
Die «Espresso»-Hörerin versteht das nicht. «Ich kann keinen Gutschein von einem Fachgeschäft für Hochzeitskleider gebrauchen.» Sie wäre bereit, den Verkäufer für die Beratung mit 800 Franken zu entschädigen. Doch auch dieses Angebot lehnt er ab. «Muss ich mich wirklich mit einem Gutschein abfinden?», möchte nun die enttäuschte Braut wissen.
Im Grundsatz hat der Verkäufer recht. Von Kaufverträgen gibt es – ausser es wurde ausdrücklich eines vereinbart – kein Rücktrittsrecht. Gekauft ist gekauft. Vor diesem Hintergrund wäre der Verkäufer nicht einmal dazu verpflichtet, der Kundin einen Gutschein anzubieten.
Nun sagt aber das Zivilgesetzbuch, es dürfe nicht angehen, auf sein Recht zu pochen, nur des Rechts wegen. Im Gesetz findet sich diese Regel unter dem Begriff «Handeln nach Treu und Glauben». Juristen sprechen vom Grundsatz der «Schadenminderungspflicht».
Auf den Fall der «Espresso»-Hörerin übertragen bedeutet das: Der Verkäufer darf nicht aus Prinzip an seinem Standpunkt festhalten, sondern muss nach Möglichkeit Hand bieten zu einer für ihn annehmbaren, einvernehmlichen Lösung. Eine solche Lösung könnte sein, dass er die Kundin aus dem Vertrag entlässt, wenn sie ihm den Beratungsaufwand bezahlt und den entgangenen Gewinn, also die Marge des Kleides.
Auch Verkäufer haben eine Aufklärungspflicht
Auf eine rechtliche Auseinandersetzung sollte es der Verkäufer besser nicht ankommen lassen. Als Verkäufer hat er – neben der Lieferung des Kaufgegenstandes – nämlich auch Nebenpflichten. Dazu gehört, dass er die Kundin nicht nur bei der Wahl des Kleides berät, sondern auch über die Konditionen des Vertrages.
Weil Kundinnen Brautkleider in der Regel nur einmal kaufen und die Kleider zudem meist teuer sind, gehörte zur Beratung auch der Hinweis, dass bei einem Rücktritt Kosten fällig werden. In Kaufverträgen über Möbel oder Autos finden sich solche Hinweise. Dort steht, der Kunde könne gegen Bezahlung eines so genannten Reuegeldes vom Vertrag zurücktreten.
Ob es allerdings eine gute Lösung ist, einen Drittel oder die Hälfte eines Verkaufspreises dafür auszulegen, um den Gegenstand nicht annehmen zu müssen, ist eine andere Frage. Wahrscheinlich würde die Braut mit einem Gutschein doch besser fahren. Den kann sie nämlich weiterverkaufen.