Ein Ehepaar hinterlegt seinen Vorsorgeauftrag beim Zivilstandesamt. «Wir wollten verhindern, dass die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde Kesb bestimmen kann, was unsere Angehörigen zu tun und zu lassen haben, wenn wir nicht mehr selbst darüber entscheiden können», sagt der Mann. Nun habe er erfahren, dass die Kesb diesen Vorsorgeauftrag in Kraft setzen müsse. Genau die Behörde, die er umgehen wollte. Er sei empört und fühle sich ausgeliefert.
Kein Einzelfall. Das Wort «Kesb» ist ein Reizwort. Ein anderer Mann schildert, er habe seinen Vorsorgeauftrag bei der Bank deponiert. Weil sonst die Kesb beim Tod eines Ehepartners die Konten sperre.
Viele Missverständnisse rund um die Kesb
Die beiden Beispiele zeigen: Es sind meist Missverständnisse, weshalb viele Menschen ein Unbehagen gegenüber der Kesb haben. Eines dieser Missverständnisse: Das Gesetz schreibt vor, dass die Kesb zum Schutz der betroffenen Person prüfen muss, ob diese wirklich urteilsfähig ist, bevor sie einen Vorsorgeauftrag in Kraft setzt. Wer diese behördliche Prüfung nicht möchte, sollte seinen Angehörigen nicht einen Vorsorgeauftrag, sondern eine Vollmacht aushändigen.
Ein anderes Missverständnis: Nicht die Kesb sperrt bei einem Todesfall die Bankkonten, sondern die Banken selbst – zumindest bis zum Vorliegen eines Erbscheines. Das lässt sich mit einem Vorsorgeauftrag nicht umgehen. Denn ein Vorsorgeauftrag gilt nur bis zum Tode einer Person, nicht darüber hinaus.
Gesetzesrevision war bitter nötig
Das aktuelle Erwachsenenschutzrecht trat vor gut zwölf Jahren in Kraft und löste das veraltete und für Betroffene stigmatisierende Vormundschaftsrecht ab. Mit dem neuen Gesetz wurde mit der angepassten Beistandschaft, der Patientenverfügung und dem Vorsorgeauftrag der Schutz hilfsbedürftiger Menschen und die Selbstbestimmung gesetzlich verankert.
Organisatorisch lösten Berufsbehörden die früheren Laienbehörden ab. Doch der Start war harzig. Von «Chaos statt Kompetenz» berichteten die Medien, die Kesb wurde als «übergriffige Staatsbehörde» betitelt, zur als die am «meisten gehasste Behörde» gekürt.
Unbehagen ist oft nicht begründet
Schlagzeilen wie diese sorgen für ein Unbehagen gegenüber der Kesb. Dabei zeigt eine Erhebung der Konferenz der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden Kokes: Seit Einführung der Kesb sind weder die Fallzahlen markant gestiegen noch die Beschwerden gegen Massnahmen. Auch hat eine Befragung der Stadtzürcher Kesb bei Betroffenen ergeben, dass zwischen 80 und 90 Prozent mit den Massnahmen einverstanden sind.
Die unabhängige Fachstelle für das Alter, UBA bestätigt diese Zahlen. Berechtigte Beschwerden gegen die Kesb seien eher selten, weiss die Geschäftsleiterin Ruth Mettler Ernst. «Aber wir erleben, wie hilfreich Beistandschaften für ältere Menschen sind.» Doch darüber berichte niemand.