- Die Schweizer Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden (Kesb) haben 2022 leicht mehr Fälle behandelt.
- Landesweit gab es für fast 150'000 Personen eine Schutzmassnahme. Das sei im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg um rund 4000 Fälle, heisst es in einer Mitteilung.
- Die Zunahme um rund zwei Prozent stuft die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (Kokes) als stabil ein. Mühe bereiten den Behörden aber zerstrittene Eltern.
Per Ende 2022 bestanden in der Schweiz für 103'330 Erwachsene und 46'135 Kinder Schutzmassnahmen, wie die Konferenz für Kindes- und Erwachsenenschutz (Kokes) mitteilte. Unter Berücksichtigung der Bevölkerungszunahme stiegen die Kesb-Fallzahlen damit bei den Erwachsenen um 1.8 Prozent, bei Kindern um 2.2 Prozent.
Die stärksten Massnahmen werden seltener
Bei den Erwachsenen setzte sich dabei der Trend fort, dass mildere Massnahmen zunehmen, während immer seltener zu den stärkeren Massnahmen gegriffen wird. So machte Ende 2022 die umfassende Beistandschaft landesweit noch 13 Prozent aller Erwachsenenschutzmassnahmen aus. Unter dem alten Recht wurden 2012 in rund einem Drittel aller Fälle «Vormundschaften» angeordnet.
Dies führt die Kokes auf ihr Wirken zurück: Ihr Appell, die umfassenden Beistandschaften im Einzelfall zu überprüfen und nach Möglichkeit in massgeschneiderte Beistandschaften umzuwandeln, sei insbesondere in der Deutschschweiz angekommen.
Bei einem Grossteil der Fälle mit Kindern blieb es ebenfalls bei vergleichsweise milden Massnahmen. In 80 Prozent der Fälle beriet eine Beistandsperson die Eltern in Erziehungsfragen, vertrat die Interessen des Kindes in einem Vaterschafts- oder Unterhaltsprozess oder unterstützte zerstrittene Eltern in Fragen der Kinderbetreuung.
Elternkonflikte auch für Kesb schwer zu lösen
Gerade bei Letzterem geraten die Kesb und die Beistandspersonen an ihre Grenzen, wie die Kokes festhält. So unterstützten sie 20'350 Kinder bei der Umsetzung des Besuchsrechts. Dies wurde etwa nötig, weil ein Elternteil den Kontakt des Kindes zum anderen Elternteil verhinderte oder erschwerte oder weil die Eltern derart zerstritten waren, dass sie keine Abmachungen treffen konnten. Derartige Elternkonflikte könnten Kesb und Beistandspersonen aber nicht oder nur bedingt lösen, hält die Kokes in ihrer Mitteilung fest.
Sie setzt sich deshalb gemäss eigenen Angaben für neue Konzepte ein, wie etwa für das Projekt «Zentrum für Familien in Trennung». Eltern sollen dabei im Rahmen einer angeordneten Beratung befähigt werden, das Kindeswohl wieder in den Blick zu bekommen. Das Projekt startete am 1. September in Bern und wird nach zwei Jahren wissenschaftlich ausgewertet, wie die Kokes schreibt.