Der Onkel eines «Espresso»-Hörers ist schwer krank und lebt im Altersheim. Sein Tod ist absehbar und es ist davon auszugehen, dass er hohe Schulden hat. Seine Finanzen werden von der KESB geregelt, Nachkommen hat er keine. Daher werden vermutlich die beiden Schwestern des Onkels als Erbinnen eingesetzt. Unser Hörer möchte nun wissen, ob seine Familie – respektive seine Mutter – zu gegebener Zeit das Altersheimzimmer des Onkels räumen dürfen, oder ob sie dadurch seine Schulden erben würden.
Die Rechtslage im Überblick:
- Erbschaftsausschlagung: Besteht nach dem Tod einer Person der Verdacht, die Schulden der Erbschaft könnten das Vermögen übersteigen, so haben die Erben die Möglichkeit, die Erbschaft auszuschlagen.
- Frist: Erben müssen die Ausschlagung innerhalb von drei Monaten nach dem Todesfall auf der zuständigen Behörde erklären. Ansonsten gilt die Erbschaft als angenommen.
- Nicht «einmischen»: Aber Achtung: Wer ein Erbe ausschlägt, darf sich in den Nachlass nicht «einmischen». Ein Beispiel: Die Erben verkaufen das Auto oder Möbel der verstorbenen Person zu einem günstigen Preis und verteilen den Erlös. In diesem Fall können sie das Erbe nicht mehr ausschlagen. Sie haben es angetreten, weil sie sich in den Nachlass eingemischt» haben. Dasselbe gilt, wenn eine Wohnung oder ein Altersheimzimmer geräumt wird.
- Gebühren: Für das Ausschlagen einer Erbschaft fallen Gebühren an. Sie können je nach Einzelfall zwischen ein paar Hundert Franken oder noch mehr kosten.
- Konkurs: Wird ein Erbe ausgeschlagen, ist dies wie ein Konkurs zu Lebzeiten. Zunächst liquidiert das Konkursamt die Hinterlassenschaft, woraufhin die Gläubiger einen Verlustschein erhalten. Bleibt nach Begleichung der Schulden ein Überschuss, wird dieser an die Erben verteilt.
- Annahme Erbschaft: Wer eine Erbschaft annimmt, erbt neben dem Vermögen einer verstorbenen Person auch ihre Schulden. Erben müssen damit rechnen, dass auch Jahre nach dem Todesfall noch Rechnungen eintreffen.
- Verjährung von Forderungen: Rechnungen müssen auch Jahre später bezahlt werden, sofern sie noch nicht verjährt sind. Dazu gehören auch Rechnungen von Krankenkassen für offene Prämien oder Kostenbeteiligungen (Selbstbehalt, Franchise). Diese verjähren nach fünf Jahren.
Fazit zum Fall:
Werden Altersheimzimmer oder Wohnungen von verstorbenen Personen geräumt und beispielsweise Bilder oder Möbel verkauft oder verschenkt, dann kann die Erbschaft nicht mehr ausgeschlagen werden. Mit derartigen Handlungen mischt man sich juristisch gesprochen in die Erbschaft ein, man nimmt sie damit an.
Daher ist es wichtig, dass man nach einem Todesfall nichts überstürzt und sich im Zweifelsfall beraten lässt. Die Familie sollte also alles so lassen, wie es ist – bis sie Klarheit hat, ob sie das Erbe des Onkels annehmen will oder nicht. Nach einem Todesfall hat man drei Monate Zeit zu entscheiden, ob man eine Erbschaft annehmen will oder nicht.
Ist sich die Familie nicht sicher, ob der Onkel verschuldet war oder nicht, kann sie nach seinem Tod ein sogenanntes öffentliches Inventar der Erbschaft verlangen. Dabei werden Schulden und Vermögen von Amtes wegen ermittelt, sodass die Familie entscheiden kann, ob sie die Erbschaft annehmen oder ausschlagen will. Ein solches Inventar kostet allerdings mehrere tausend Franken.