Datenschutz wird heute grossgeschrieben – zum Glück. Oder stellen Sie sich vor: Sie sind krank und Ihre Chefin ruft bei ihrem Arzt an und fragt, was Ihnen fehlt.
Oder Ihr Nachbar ruft beim Steueramt an und erkundigt sich, ob Sie Ihre Steuern pünktlich bezahlt haben. Geht gar nicht, denken Sie vielleicht. Aber, Obacht: Je nach Kanton sind Steuerämter recht auskunftsfreudig.
«Hat meine Tochter alle Steuern bezahlt?»
Dies hat eine junge Frau aus dem Kanton Bern kürzlich erfahren. Sie lag im Spital, war nicht ansprechbar. Ihr Vater kümmerte sich um das Nötigste und wollte sich deshalb beim Steueramt vergewissern, ob die Tochter alle Rechnungen bezahlt habe. «Das war nett gemeint», schreibt die Frau. Doch dass ihr Vater vom Steueramt die gewünschten Auskünfte bekommen habe, könne sie nicht nachvollziehen.
Welche Auskünfte ein Steueramt wem geben darf, ist in den kantonalen Gesetzen zum Datenschutz und den Steuergesetzen geregelt. Wer sich im Kanton Bern beispielsweise ans Steueramt wendet und ein «wirtschaftliches» Interesse gelten machen kann, bekommt Auskunft über das steuerbare Einkommen von Person oder Unternehmungen, über ihr steuerbares Vermögen und den Wert ihrer Liegenschaften. Als wirtschaftliches Interesse gelten etwa Verhandlungen über einen Vertrag oder ein Darlehen. Reine Neugier gilt nicht als wirtschaftliches Interesse.
In Zürich ist eine Auskunftssperrung möglich
Auskunftsfreudig sind auch die Steuerämter der Kantone Freiburg, Waadt, Wallis, und Neuenburg. St. Gallen verlangt ein begründetes Gesuch. Der Kanton Wallis erteilt Auskünfte nur in der Zeit, während die Gemeinderechnung öffentlich aufliegt. In den Kantonen Zürich und St. Gallen beispielsweise sind Auskünfte zum steuerbaren Einkommen und Vermögen kostenpflichtig. Immerhin können Steuerpflichtige zum Beispiel in Zürich ihre Daten sperren lassen.
Mehrere Kantone geben also Steuerdaten zu Einkommen und Vermögen bekannt. Weitergehende Informationen dürfen nicht bekannt gegeben werden. Einsicht in eine ausgefüllte Steuererklärung etwa wird nur Gerichtsbehörden gestattet, zum Beispiel im Rahmen eines Strafverfahrens. Auch dürfen Steuerämter keine Auskunft darüber geben, ob eine Person ihre Steuererklärung eingereicht oder noch offene Rechnungen hat. Für solche Informationen benötigt ein Angehöriger, wie der Vater der oben erwähnten «Espresso»-Hörerin, eine Vollmacht.