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Forschungsinstitut Fibl fordert mehr Hoftötungen
Aus Espresso vom 19.07.2024. Bild: SRF
abspielen. Laufzeit 10 Minuten 44 Sekunden.

Schonendere Schlachtung Hoftötung bleibt eine Nische

Rund 240 Schweizer Betriebe töten Schlachtvieh direkt auf dem Hof. Eine Online-Karte will sie auffindbar machen.

Die sogenannte Hoftötung ist in der Schweiz seit offiziell 2020 erlaubt. Seither wächst die Zahl der Landwirtschaftsbetriebe, die diese Methode anwenden. Offizielle Zahlen gibt es zwar nicht, aber das Forschungsinstitut für biologischen Landbau (Fibl) schätzt, dass von den insgesamt rund 45'000 Landwirtschaftsbetrieben in der Schweiz rund 240 Hoftötungen durchführen.

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Zusätzlich angestiegen ist die Zahl seit einer Regelanpassung Anfang 2024: Seither beträgt die Frist von der Tötung der Tiere auf dem Hof bis zum Ausweiden im Schlachtbetrieb 90 Minuten. Davor waren es nur 45 Minuten und somit zu wenig Zeit für abgelegene Bauernhöfe. Dennoch: Hoftötungen bleiben die Ausnahme in der Schweiz.

Karte zeigt Betriebe mit Hoftötung

Laut dem Fibl bedeutet die Hoftötung nachweislich weniger Stress für das Schlachtvieh: «Wir haben das Blut von Tieren aus Hoftötung mit jenem von Tieren aus herkömmlicher Schlachtung verglichen», sagt Milena Burri vom Fibl. Im Blut von Tieren aus Hoftötung habe es deutlich weniger Hinweise auf Stress gegeben – so sei etwa der Anteil des Stresshormons Cortisol deutlich geringer gewesen. «Uns ist es deshalb wichtig, Fleisch aus Hoftötung zu fördern.»

Aus diesem Grund hat das Fibl kürzlich eine Online-Karte publiziert. Auf dieser können sich Konsumentinnen und Konsumenten informieren, wo es Betriebe mit Hoftötung gibt. Denn im Detailhandel findet sich solches Fleisch so gut wie gar nicht. Es wird von den Betrieben direkt vermarktet. Die Karte wird laufend ergänzt.

So läuft eine Hoftötung ab

Das SRF-Konsumentenmagazin «Espresso» war schon 2018 bei einer Hoftötung dabei. Damals hatte erst eine Handvoll Betriebe eine Bewilligung dazu. Nun haben wir uns den Vorgang erneut zeigen lassen. Dieses Mal auf dem Loohof in Endingen AG. Wir zeigen den Vorgang am Beispiel von Schweinen.

Landwirt Markus Hauenstein führt den Loohof zusammen mit seiner Frau. Hoftötungen macht er aus Überzeugung: «Ich hatte je länger je mehr Mühe damit, die Tiere lebend in einen Transporter zu laden und quasi in die Anonymität zu schicken.» Lieber sei er selbst dabei: «So können die Tiere in ihrer gewohnten Umgebung sterben.» Bei Schweinen und Rindern klappt das schon. Beim Geflügel will er nächstens auch noch auf Hoftötung umstellen.

Es kommt keine fremde Person, die Tiere hören keine fremde Stimme – bis zur Betäubung ist für sie alles ganz normal.
Autor: Markus Hauenstein Landwirt

Bei der Hoftötung gäbe es auch die Möglichkeit, dass ein Metzger auf den Hof kommt und Betäubung und Tötung übernimmt. Markus Hauenstein macht jedoch alles selbst. Er sei überzeugt, dass so ein weiterer Stressfaktor ausgeschaltet werden könne: «Es kommt keine fremde Person, die Tiere hören keine fremde Stimme – bis zur Betäubung ist für sie alles ganz normal.» Deshalb hat er als Landwirt beim Metzger das Handwerk gelernt. «Ich hätte mir das früher auch nicht vorstellen können, dass ich einmal Tiere töte.»

«Es muss nicht jeden Tag Fleisch sein»

Auch Tierschutzorganisationen sehen in der Hoftötung eine Methode, die den Tieren dank des Wegfalls der Transporte viel Leid erspart. Dennoch gibt es auch Stimmen, die grundsätzlich kritisieren, dass der Mensch Tiere tötet. Markus Hauenstein sagt dazu: «Der Mensch isst seit Jahrtausenden Fleisch – und da gehört das Töten dazu. Aber es muss nicht jeden Tag Fleisch sein. Lieber weniger, dafür solches aus Hoftötung.»

Espresso, 19.07.24, 08:10 Uhr

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