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Fangmethode Dosen-Thunfisch einzeln geangelt – kann das stimmen?

Auf Thunfisch-Dosen in der Migros steht: «einzeln mit der Angel gefangen». Da kommen Zweifel auf.

Worum geht es? Ein Migros-Kunde kann nicht recht glauben, was er auf den Thunfisch-Dosen «M-Classic Rosa Thon in Salzwasser» liest. Es steht, die Fische würden einzeln mit der Angel gefangen. «Mich nimmt wunder, ob das stimmt und wie das möglich ist», sagt er im SRF-Konsumentenmagazin «Espresso».

Thunfisch M-Classic aus der Migros
Legende: Diesen Dosen-Thunfisch hat sich ein Migros-Kunde im Laden genauer angeschaut. migros.ch

Werden die Thunfische wirklich einzeln geangelt? Ja, tatsächlich. Die Thunfische werden nach der sogenannten «Pole and Line»-Methode gefangen. Diese Angelfischerei ist industriell. Gefischt wird von 15- bis 30-köpfigen Besatzungen auf rund 30 Meter langen Fischerbooten. Beim «Rosa Thon» handelt es sich übrigens nicht um Thunfisch. In den Dosen ist Bonito, ein kleinerer Verwandter.

Wie funktioniert «Pole and Line»? Mit lebenden kleinen Köderfischen werden die Thunfische angelockt. Am Heck stehen Fischer bereit, welche die Fische mit der Angel praktisch im Sekundentakt aus dem Wasser ziehen. Die Fische werden aufs Schiffsdeck geschleudert und lösen sich automatisch von der Angel, weil diese keinen Widerhaken hat.

Was sagen Umweltschutzorganisationen dazu? Die «Pole and Line»-Fischerei sei schonender als die Fischerei mit grossen Netzen. Denn es gebe keinen Beifang. «Bei den Netzen besteht immer das Risiko, dass sich auch andere Tierarten darin verfangen. Meeressäugetiere, Schildkröten oder Haie, die man eigentlich gar nicht fangen möchte», sagt Lydia Ebersbach vom WWF Schweiz.

Gibt es auch Kritik an dieser Methode? Ja, denn das Grundproblem der Überfischung bleibt. Deshalb sollte möglichst wenig Thunfisch konsumiert werden. Und wenn, «möglichst nur Thunfisch aus gesunden, gut gemanagten Beständen», meint der WWF. Ein negativer Aspekt für Greenpeace ist zudem der Einsatz von Köderfischen wie Sardinen oder Makrelen. «Dadurch, dass man diese kleinen Fische dafür einsetzt, werden deren Bestände belastet», gibt Greenpeace-Sprecherin Michelle Sandmeier zu bedenken. 

Was sagt die Migros?  Die Medienstelle schreibt: «Diese Fischerei ist MSC zertifiziert, was eine Rückverfolgung ermöglicht und mit zusätzlichen Dokumentationen und Kontrollen sicherstellt, dass der Thunfisch in der Migros-Dose auch tatsächlich aus dieser von uns bestimmten Fischerei stammt.» Für Greenpeace und WWF hat jedoch auch das MSC-Label Mängel.

Was wird am MSC-Label kritisiert? «Das MSC-Siegel wird inflationär vergeben und ist nicht wirklich zuverlässig», kritisiert Greenpeace. Auch der WWF sieht die Gefahr, dass problematische Fischereien zertifiziert werden und fordert eine Reform von MSC. «Die Lieferketten für Fisch sind oft sehr komplex und intransparent», formuliert Lydia Ebersbach vom WWF ein Grundproblem. Für beide Umweltschutzorganisationen ist Fisch mit MSC-Label aber immer noch besser als solcher ohne.

«Espresso Aha!»

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Espresso, 20.1.2025, 8:10 Uhr

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