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Behördenärger bei der Gartengestaltung
Aus Kassensturz vom 20.10.2020.
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Für mehr Artenvielfalt Behördenärger bei der Gartengestaltung

Auch wenn es schlecht steht um die Artenvielfalt: Nicht jede Errichtung im Garten, die wertvoll wäre, ist erlaubt.

Wildbienen, Eidechsen, Schmetterlinge. Nicht nur Rebecca und Silas Wüthrich fühlen sich in ihrem Garten im aargauischen Villigen wohl. Beim Einzug vor zwei Jahren investierten Wüthrichs viel Geld, um den Garten naturnah umzugestalten: Eine Trockensteinmauer, um den rutschenden Hang aufzuhalten und Kleintieren Unterschlupf zu bieten. Darüber eine Magerwiese mit einheimischen Blumen.

Doch: Vor einem Jahr verlangte die Gemeinde für die Umgestaltung plötzlich eine Baueingabe. Damit haben Wüthrichs nicht gerechnet. Nachdem sie sich im Internet erkundigt hatten, gingen sie davon aus, dass es dafür keine Baubewilligung braucht.

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Jonas Landolt, Verein Natur im Siedlungsraum: «Es braucht mehr Strukturen, wo sich die Tiere verkriechen können.»
Aus Kassensturz vom 20.10.2020.
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Trockensteinmauer bietet Kleinstrukturen

Am Rande der Stadt Zürich zeigt Jonas Landolt eine grosse Trockensteinmauer. Mit seinem Verein «Natur im Siedlungsraum» fördert er Projekte für mehr Biodiversität. «Trockensteinmauern sind besonders wertvoll, denn sie haben überall Spalten, in denen sich die Tiere verkriechen können», erklärt der Umweltnaturwissenschaftler. Wildbienen machen darin ihre Brutzellen, andere Arten wie Ringelnattern oder Gelbbauchunken überwintern in den frostsicheren Hohlräumen.

Paradox: Ökologisch sinnvolle Bauten wie Trockensteinmauern oder Biotope brauchen in der Regel eine Bewilligung. Schottergärten, die im Trend sind, aber ökologisch nutzlos, sind praktisch überall ohne Behördengang erlaubt. Da braucht es ein Umdenken bei den Behördenauflagen, fordert Naturschützer Landolt: «Betonwüsten, Schottergärten oder Neophyten – also nicht einheimische Pflanzen – davon können unsere Tiere nicht leben. Da müssen wir uns nicht wundern, wenn Arten verschwinden.»

Naturnahe Gärten: Das ist bewilligungspflichtig

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Wer sein Land ökologischer gestalten will, muss sich an lokale und kantonale Gesetze halten. Diese sind je nach Wohnort unterschiedlich. Wer sich im privaten Raum ohne Behördenprobleme engagieren will, dem empfiehlt die Naturschutzorganisation Birdlife, einen Asthaufen zu machen oder eine Blumenwiese zu säen.

Sinnvoll ist, bei der Bepflanzung auf einheimische Arten zu setzen. Aufpassen muss man auch beim Pflanzen von Bäumen oder Sträuchern: Für sie gilt meist ein Mindestabstand zum benachbarten Grundstück und auch zu öffentlichen Strassen und Wegen. Sobald die Bauten fix mit dem Boden verbunden sind, wie zum Beispiel eine Trockensteinmauer oder ein Biotop, braucht es meistens eine Bewilligung. Manche Behörden bieten auch Beratungsstellen an.

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Raffael Ayé von Birdlife erklärt, welche Gestaltungsvorhaben bei der Gemeinde abgeklärt werden sollten.
Aus Kassensturz vom 20.10.2020.
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Grosser Handlungsbedarf

Die Schweiz steht in Sachen Biodiversität sogar noch schlechter da als viele andere europäischen Länder. Naturschutzorganisationen wie Birdlife haben deshalb vor kurzem zwei Initiativen für mehr Biodiversität eingereicht. Für Raffael Ayé von Birdlife ist der Handlungsbedarf gross, auch bei den Vollzugsbehörden: «Es gibt viele Gemeinden, die haben nicht mal einen Beauftragten für Umweltschutz.»

Gemeinde verlangt Baueingabe

Seit zehn Monaten warten Wüthrichs nun schon auf den Entscheid. Mündlich hat man ihnen bereits angekündigt: Die neu gebaute Trockensteinmauer, die in einer Landwirtschaftszone steht, werden sie wohl zurückbauen müssen. Silas Wüthrich ist besorgt: «Wenn man mit einem Bagger durch die Wiese fahren müsste, um die Steine wieder abzutransportieren, ginge auch die Magerwiese kaputt.»

So schlecht steht es um die Biodiversität in der Schweiz

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Die Hälfte der Lebensräume und ein Drittel aller Arten sind in der Schweiz in Gefahr. Die Schweiz hat weniger Naturschutzgebiete und längere rote Listen als andere europäische Länder: Zum Beispiel sind bereits 75 Prozent der einheimischen Amphibien gefährdet. Bei den Reptilien sind es sogar 80 Prozent der Arten, die auf der roten Liste stehen. Besonders alarmierend: In den letzten 25 Jahren sind bereits Dreiviertel der gesamten Fluginsektenmasse verschwunden.

Naturschutz kein Vorrang

Da es sich um ein laufendes Verfahren handle, will der Kanton Aargau keine Stellung nehmen. Er schreibt «Kassensturz»: «Natur und Landschaft kommen im Kanton Aargau eine hohe Bedeutung zu. Dies kann allerdings nicht zur Folge haben, dass der Erhalt jeglichen Naturwerts Vorrang vor anderen Rechtsgütern hat.»

Silas Wüthrich ärgert sich: «Wir haben uns sehr bemüht, etwas Naturnahes zu machen. Und das Ganze wird so wieder kaputt gemacht, ohne dass sich die Leute ein Bild vor Ort gemacht haben.»

Kassensturz, 20.10.2020, 21:05 Uhr

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