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Pilzgift, Mikroplastik, Pfas Mineralwasser: Die meisten sind sauber, aber nicht alle

Laboruntersuchungen zeigen: In vier von zehn Mineralwassern finden sich Spuren eines Unkrautvernichters, von Pilzgift, Mikroplastik oder Pfas.

Mineralwasser stammt aus besonders geschützten Quellfassungen. Beim Weg durch Sedimente werden zudem Bakterien natürlicherweise herausgefiltert. Doch chemische, menschengemachte Verunreinigungen können im Wasser bleiben, oft für viele Jahre.

Diese Mineralwasser wurden getestet

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Pestizide aus der Landwirtschaft, Pfas (sogenannte Ewigkeits-Chemikalien aus der Industrie und der Brandlöschung), oder Mikroplastik, etwa aus PET-Flaschen – alle diese Schadstoffe sind heutzutage bereits im normalen Trinkwasser nachgewiesen worden. Für Mineralwasser gab es bisher wenige Tests.

Swiss Alpina, San Pellegrino, Valser mit Schadstoffen

Die Westschweizer Sendung RTS und Kassensturz haben zehn gebräuchliche Mineralwasser in zwei Schweizer Labors testen lassen – und stellten Verunreinigungen fest: In Swiss Alpina und in San Pellegrino wurden Spuren von Mikroplastik gefunden. Im Valser Wasser fand das Labor kleinste Mengen von PFBA, ein Stoff der Gruppe Pfas.

Alle Werte werden vom Labor als «für Menschen nicht akut gefährlich» eingestuft. Das Mineralwasser könne bedenkenlos getrunken werden, sagt der Toxikologe Davide Städler vom Labor Tibio. Für Mikroplastik gibt es allerdings noch keine Grenzwerte, weil man nicht weiss, welche Mengen dem Menschen langfristig schaden.

Schadstoffe im Mineralwasser

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Chlorothalonil: Pflanzenschutzmittel gegen Pilzbefall. Eingesetzt für Getreide, Kartoffeln, Reben oder Golfplätze. Seit den 70er-Jahren breit eingesetzt, seit 2020 in der EU und in der Schweiz verboten. Der Bund hat Pflanzenschutzmittel mit diesem Wirkstoff die Zulassung per 1. Januar 2020 entzogen, da bei dessen Abbauprodukten eine Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann. Chlorothalonil-Abbauprodukte dürfen im Trinkwasser 0.1 Mikrogramm pro Liter nicht überschreiten.

Chloridazon: Pflanzenschutzmittel gegen Unkraut, primär bei Zuckerrüben eingesetzt. Zulassung in der Schweiz 2020 entzogen. Für Trinkwasser gilt ein Grenzwert für Chloridazon-Abbauprodukte von 0.1 Mikrogramm pro Liter.

Pfas: Per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS). PFAS besitzen die Besonderheit, sehr schwer abbaubar zu sein und sich anzusammeln, sie wurden auch schon im Menschen gefunden. Sie sind wasser-, fett- und schmutzabweisend. Die industriell hergestellten Substanzen besitzen viele Anwendungsmöglichkeiten wie beispielsweise in Textilien, Feuerlöschschäumen, Elektronik, Imprägniermitteln und Lebensmittelverpackungen.

Für Trinkwasser gelten aktuell drei PFAS-Höchstwerte: je 0.3 µg/l für PFOS und PFHxS und 0.5 µ g/l für PFOA. Diese sollen verschärft werden. Für den spezifischen Stoff PFBA gelten aktuell in der Schweiz noch keine Höchstwerte.

PET : Polyethylenterephthalat – auch PET genannt – wird zu 100 Prozent aus Erdöl oder Erdgas produziert. Kunststoff, aus dem zum Beispiel Getränkeflaschen und andere Lebensmittelverpackungen hergestellt werden. PET kann vollständig rezykliert werden. Immer mehr Hersteller benutzen für Flaschen rezykliertes PET. Für Mikroplastik, d.h. Zersetzungsprodukte von PET, gibt es keine Grenzwerte für Trinkwasser.  

Polystyrol: Wird für Deckel bei PET-Wasserflaschen verwendet. Polystyrol wird auch eingesetzt für Joghurtbecher, Spielzeugbausteine oder zu Isolierzwecken im Gebäudebau. Die wohl bekannteste Verwendung ist geschäumtes Polystyrol, auch bekannt als Styropor. Für Mikroplastik, d.h. Zersetzungsprodukte von Polystyrol, gibt es keine Grenzwerte für Trinkwasser. 

Die Hersteller und Abfüller schreiben, ihre eigenen Laborproben hätten keine solchen Werte ergeben. Coca-Cola, dem Valser gehört, schreibt, «PFAS (einschliesslich PFBA) sind Teil unseres routinemässigen Wasserüberwachungsprogramms».

Polystyrol aus Deckel, Verpackung oder von Maschine

Toxikologe Davide Städler ist nicht überrascht über das Mikroplastik-Resultat: «Die Verunreinigung kann während der Abfüllung passieren, durch Maschinen. Polystyrol kann auch mit dem Deckel zusammenhängen.

Oder mit dem Gebinde. Wenn man die Flasche öffnet, kommen diese Stoffe ins Wasser.» PET könne von der Flasche selber ins Wasser gelangen.

Henniez mit Abbauprodukten von Pestiziden

Im Henniez ohne Kohlensäure wurden Spuren von Abbauprodukten der Pestizide Chlorothalonil und Chloridazon gefunden, ein Pilzgift und ein Unkrautvertilger. Diese werden in der Landwirtschaft seit vielen Jahren eingesetzt.

«PET-Flaschen nur einmal verwenden und nicht wieder auffüllen»

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PET-Flaschen sind für Mineralwasser gebräuchlich. Wer Mikroplastik möglichst vermeiden will, kauft Glasflaschen und benutzt die PET-Flaschen nur einmal: «PET-Flaschen sind für den Einmal-Gebrauch gemacht, dann muss man sie rezyklieren», erklärt Toxikologe Davide Städler. «Wer die Flasche behält und wieder mit Wasser auffüllt, muss bedenken, dass Bakterien aus dem Mund das PET zusätzlich angreifen und zersetzen».

Chlorothalonil ist seit 2020 in der Schweiz verboten. Sowohl die EU wie die Schweizer Behörden schliessen für gewisse Abbauprodukte eine Gesundheitsgefährdung nicht aus.

Keine Gesundheitsgefährdung

Die vom Kantonslabor Genf nachgewiesenen Pestizidmengen im Henniez sind deutlich unter dem geltenden Grenzwert für Trinkwasser.

Nestlé Waters Schweiz weist darauf hin, dass die gefundenen Werte nicht gesundheitsgefährdend sind. Dennoch zeigen die Kleinstspuren, dass Pestizidbelastung auch für Quellen zum Problem werden kann.

Henniez wegen Filterung in den Schlagzeilen

Henniez war anfangs Jahr in den Schlagzeilen, weil das Unternehmen in vergangenen Jahren verbotenerweise Aktivkohlefilter eingesetzt hatte, um das Mineralwasser zu filtern. Nestlé sagt heute: «Diese Filter sollten mögliche Spuren unerwünschter Rückstände zurückhalten, die durch Umweltverschmutzung im Schweizer Mittelland entstanden waren. Sie entsprachen jedoch nicht den schweizerischen Vorschriften für Mineralwasser und wurden seitdem entfernt.»

Stellungnahmen der Mineralwasserproduzenten

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Henniez / Nestlé: «Als Abfüller von natürlichem Mineralwasser investiert Nestlé Waters erheblich in Bemühungen zum Schutz der Gebiete rund um seine Quellen und passt sich den Veränderungen in der lokalen Umwelt an. In der Vergangenheit wurden an unserem Standort in Henniez Aktivkohlefilter eingesetzt. Diese Filter sollten mögliche Spuren unerwünschter Rückstände zurückhalten, die durch Umweltverschmutzung im Schweizer Mittelland entstanden waren. Sie entsprachen jedoch nicht den schweizerischen Vorschriften für Mineralwasser und wurden seitdem entfernt.

Es kann vorkommen, dass winzige Spuren von Pestiziden in unserem Wasser vorhanden sind, jedoch liegen diese immer unter den gesetzlichen Grenzwerten und stellen keine Gefahr für die Gesundheit dar. Unser Qualitätsteam führt durchschnittlich 200 Tests pro Tag durch, um die Qualität und Lebensmittelsicherheit von Henniez zu gewährleisten.

Seit vielen Jahren arbeiten wir daran, die Umwelt im Rahmen unseres ECO-Broye-Programm zu schützen, das eine umweltverantwortliche Bewirtschaftung des Einzugsgebiets fördert. Wir arbeiten dabei eng mit den lokalen Behörden, 60 Landwirten und anderen Partnern zusammen.»

Valser / Coca-Cola: «Die genannten Zahlen stimmen nicht mit den Testergebnissen der Analyse von VALSER natürliches Mineralwasser überein, die jährlich von einem externen Institut durchgeführt wird.

Pfas (einschliesslich PFBA) sind Teil unseres routinemässigen Wasserüberwachungsprogramms. Unsere letzte vollständige Analyse durch ein akkreditiertes Drittlabor, datiert vom April 2024, ergab keine PFAS oberhalb der Nachweisgrenze (der Grenzwert liegt bei 1ng/L – 0.001 ug/L) – was praktisch bedeutet, dass keine PFAS vorhanden sind.»

San Pellegrino / Nestlé: «Das Mineralwasser von S.Pellegrino kann bedenkenlos getrunken werden. Die Ergebnisse der erhaltenen Messungen sind für uns nicht schlüssig, sie stimmen nicht mit unserer eigenen Überwachung überein. Derzeit gibt es keine offizielle Methodik, um Produkte oder Umgebungen auf Mikroplastik zu testen.»

Swiss Alpina / Coop: «Die Qualität unserer Produkte ist unsere oberste Priorität und wir führen regelmässig eigene Analysen durch, insbesondere auf Polystyrol. Bei den letzten Kontrollen konnten wir kein Polystyrol im Swiss Alpina Wasser nachweisen. Auch die verwendeten Verpackungsmaterialien und die Materialien, mit denen dieses Mineralwasser in Berührung kommt, enthalten kein Polystyrol. Folglich können wir die analysierte Menge nicht bestätigen.»

Kassensturz, 18.06.24, 21:10 Uhr;kobt

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