Es geht um eine Klausel in den Beförderungsbestimmungen der Swiss, genauer um Artikel 3.3.6: «Erscheinen Sie für einen Flug nicht, ohne uns im Voraus darüber zu informieren, können wir Ihre Reservation für den Rück- oder Anschlussflug streichen.»
Swiss betreibt mit dieser und weiteren Regelungen Preispolitik. Sie will die Ticket-Preise in jedem Land anders gestalten. Schweizer Passagiere sollen nicht von günstigeren Flugtickets im Ausland profitieren können. Swiss verhindert dies - wie andere Fluggesellschaften auch - indem sie den Passagieren nicht erlaubt nur einzelne der gebuchten Strecken abzufliegen.
Stossend daran: Mit Verweis auf diese Klausel verweigert Swiss Passagieren immer wieder einen Flug. Im schlimmsten Fall lässt sie diese einfach am Gate stehen. Der Redaktion liegen viele haarsträubende Schilderungen von verärgerten Passagieren vor. Zum Beispiel:
Fall 1: Flug Swiss Zürich-Madrid retour
Wegen eines familiären Notfalls kaufte Paula M. ein neues, zusätzliches Hinflug-Ticket und flog früher als ursprünglich geplant nach Madrid. Heimfliegen wollte sie aber mit dem gebuchten Rückflugticket. «Wir haben dies Swiss vor dem Abflug mitgeteilt. Swiss sagte, sie müssten sich an die Regeln halten.» Die Folge. Paula M. musste für das Rückflugticket eine zusätzliche Gebühr von Euro 75.- bezahlen. Paula M.: «Man fühlt sich total verschaukelt.»
Fall 2: Flug Swiss Genf-Rom retour
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Ganz ähnliches erlebte Stefano C. Er kaufte ein Flugticket mit Swiss von Genf nach Rom und zurück nach Zürich. Er wollte Weihnachten daheim in Italien verbringen. Dann kam ihm das Knie dazwischen. Er musste es operieren lassen. Für die Operation wollte er früher als geplant nach Italien reisen. Stefano C. kaufte deshalb einen früheren Hinflug nach Italien. Auch er hatte also noch zusätzliche Auslagen. Dies teilte Stefano C. Swiss mit. Die Folge: Swiss teilte ihrem Passagier mit, dass er wegen Sonderpreisen kein Geld für den Hinflug zurückerhalte. Im Gegenteil: Damit sein Rückflugticket nicht verfalle, bat Swiss den Kunden nochmals zur Kasse. Stefano C.:« Ich hätte noch 130 CHF zahlen müssen!» Stefano C. ging nicht auf das Angebot ein. Denn ein neuer einfacher Rückflug mit einer anderen Airline war günstiger.
Fall 3: Flug Swiss Zürich-Brüssel retour
Patrik F. buchte einen Flug mit Swiss von Zürich nach Brüssel. Er verpasste jedoch den Hinflug. Vor Antritt seiner Rückreise wollte er online einchecken. Dies funktionierte aber nicht. Er wurde aufgefordert am Check-In Schalter in Brüssel ein zu checken. Hier erst erfuhr Patrick F., dass Swiss seinen Rückflug annullierte. Er musste notgedrungen ein neues Ticket kaufen für CHF 1'300.- in der Economy.
Fall 4: Flug Swiss Zürich-Venedig
Selbst wenn Passagiere den Hinflug antreten kann es mit Swiss Probleme geben. Wie im Fall von Paola P. Sie flog mit Swiss von Zürich nach Venedig. Das kann sie mehrfach belegen. Bei der Heimreise, am Flughafen in Venedig, die böse Überraschung: Beim Check-in wurde sie von Swiss abgewiesen. «Man teilte mir mit, ich sei nicht hinuntergeflogen. Darum sei mein Rückflugticket nicht gültig. Ich müsse ein neues kaufen.» Unglaublich, Paola P. musste für Euro 670.- ein neues Ticket kaufen. Dies weil Swiss behauptet sie sei nicht nach Venedig geflogen.
Es ist nicht das erste Mal, dass Swiss-Passagiere an fremden Flughäfen ein Rückflugticket oder zusätzliche Gebühren fürs gebuchte Rückflugticket bezahlen müssen. Kassensturz berichtet seit Jahren über dieses Ärgernis. Swiss verweist auf die Beförderungsbestimmungen: Darin hält die Airline fest, dass Flüge in der gebuchten Reihenfolge angetreten werden müssen.
Doch diese Klausel verstosse gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb kritisieren verschiedene Rechtsprofessoren in der Schweiz. Beispielsweise Vito Roberto, Professor für Privat-, Handels- und Wirtschaftsrecht an der Universität St. Gallen: «Die allgemeinen Geschäftsbedingungen sind in dem Punkt nicht gültig. Was der Kunde ja bucht sind zwei Leistungen. Ein Hinflug und ein Rückflug. Und wenn die eine Leistung nicht in Anspruch genommen wird, dann heisst das selbstverständlich nicht, dass die zweite nicht erbracht werden muss. Selbstverständlich darf Kunde zurückfliegen, auch wenn er nicht hingeflogen ist.»
Nach dem sich Kassensturz einschaltete reagierte Swiss im Fall von Paola P. Offenbar sei ein Systemfehler in Zürich beim Boarding passiert. Mittlerweile hat sich Swiss bei ihrer Passagierin entschuldigt und ihr die 670 Euro überwiesen. Zudem gab ihr Swiss noch ein Restaurant Gutschein von 200 Franken. Zu den anderen Fällen schreibt Swiss, man kläre diese ab und werde eine Lösung finden.
Erstaunlich: Flugpassagiere mit Wohnsitz Österreich haben eine Ausnahmeklausel in den Swiss-Bestimmungen. Sie haben bessere Bedingungen als alle anderen Kunden.