Die Wasserbüffel lernte Bauer Stefan Egger erstmals auf einem Ausflug ins Emmental kennen. Am liebsten hätte er gleich welche mit nach Hause genommen, doch die Emmentaler mochten keinen ihrer Büffel aus dem Tal hergeben. Also fuhr Egger ins Jurassische Val-de-Travers, wo er dem Besitzer einer Wasserbüffelherde zwei Tiere abkaufte, und brachte sie heim in die Ostschweiz.
Bald bekam Jonas Barandun, Biologe und Amphibienexperte, Wind von den Büffeln in Niederbüren. Für den Kanton St. Gallen begleitet er den Erhalt von Amphibienlaichgebieten nationaler Bedeutung. Der Bund verlangt, dass die Kantone diese Gebiete so pflegen, dass die Vegetation sich für spezielle Amphibienarten gut entwickelt.
Keine einfache Aufgabe: Eine extensive Beweidung von Kleinstflächen ist aufwändig, der Schilfwuchs kaum zu bändigen. Eggers Wasserbüffel kamen Barandun daher wie gerufen: Die Tiere fressen sich liebend gerne durchs Schilf. Durch ihre Tritte und Suhlstellen halten sie Kleingewässer offen und schaffen neuen Lebensraum für Insekten, Amphibien und Vögel. Diesen positiven Effekt wollte Baradun gerne auf der renaturierten Fläche einer ehemaligen Kiesgrube testen.
Im Sommer 2018 frassen sich die Wasserbüffel erstmals durch das Schilf. Seither weiden vier bis fünf Büffel jeweils im Frühling und im Spätsommer auf der Ökofläche von der Grösse einer Hektare.
Noch sammelt Jonas Barandun Daten: Wie lange und wie intensiv soll die Beweidung stattfinden? Wie entwickeln sich problematische Pflanzen? Wo genau laichen Gelbbauchunken, Laubfrösche und Molche in den Tümpeln, und tun sie das auch, während die Büffel die Tümpel nutzen? Zwar gebe es die Beweidung mit Wasserbüffeln in Amphibienlaichgebieten in der Schweiz seit 30 Jahren. Doch bisher fehle eine gezielte Beobachtung, was die Beweidung effektiv bewirkt habe, sagt Barandun.
Die Frösche lassen sich weder von den Büffeln stören noch nehmen sie als Bedrohung wahr.
Mit den ersten Resultaten in Niederbüren ist Barandun zufrieden. Die Wasserbüffel haben das Schilf stark zurückgefressen und eine neue, diverse Vegetationsdecke bildete sich. Viele Pflanzen- und Tierarten profitieren von den offenen Stellen, die durch die Beweidung entstanden.
Dieses Jahr hatte man erstmals festhalten können: Die Amphibien hätten auch während der Beweidung gelaicht. Die Vermehrung von Laubfrosch und Co. sei gut, laute Rufchöre ertönten zwischen den Büffeln hindurch. «Ein Zeichen, dass sich die Frösche von den Büffeln nicht stören lassen oder sie als Bedrohung wahrnehmen», sagt Barandun.
Für Vater und Sohn Egger sind die Wasserbüffel eine Passion. Was als Hobby und aus Freude an den schönen, sanftmütigen Tieren begann, ist zudem eine zusätzliche Einnahmequelle des familiären Landwirtschaftsbetriebes geworden.
Ich komme viel hierher, um zu beobachten, wie die Frösche in die Tümpel springen, wo sie gelaicht haben, wie die Kaulquappen schwimmen. Auch Enten kommen hierher. Es ist schön zu beobachten, wie es hier lebt.
Die Bauern haben die Ökofläche gekauft. Da es sich um ein Schutzgebiet von nationaler Bedeutung handelt, sind sie verpflichtet, es gemäss Schutzzielen zu pflegen. Mehraufwand und Pflanzenkontrolle werde teilweise durch Direktzahlungen abgegolten, sagt Silvan Egger. «Der Aufwand ist zwar nicht gedeckt, aber es macht Freude. So können wir der Natur etwas zurückgeben.»
Im Moment sind die Wasserbüffel auf der Ökofläche der Eggers ein Versuch. Angestrebt werde jedoch ein dauerhafter Einsatz. Ein weiterer Versuch läuft dieses Jahr neu auch in einem Moorgebiet in Oberriet/SG. Insgesamt zehn verschiedene Flächen im Kanton St. Gallen hätten laut Barandun das Potential, mittelfristig mit Wasserbüffeln oder Hochlandrindern beweidet zu werden, um Amphibienlaichgebiete zu pflegen.