Es ist die gravierendste vom Menschen verursachte Bodenveränderung, die Versiegelung. Unter Bodenversiegelung versteht man das mehr oder weniger vollständige Abdecken des natürlichen Bodens durch Materialien, die weder Wasser noch Luft durchlassen. Beispiele für solche versiegelte Flächen sind unsere Strassen, Gebäude, Parkplätze, Hartplätze bei Sportanlagen, gewisse Kunstrasen, Gartenplatten etc.
Pro Sekunde verschwinden in der Schweiz 0.7 Quadratmeter naturnahe Flächen, ein guter Teil davon durch Versiegelung. Und diese Versiegelung bringt diverse Folgen mit sich:
- In dicht bebauten Gebieten steigt die Temperatur, da versiegelte Flächen die Hitze stärker aufnehmen, speichern und wieder abgeben.
- Das Wasser fliesst direkt in die Kanalisation, anstatt in unseren Boden, der das Wasser filtrieren und speichern würde. Das hat einen tieferen Grundwasserspiegel und eine erhöhte Wasserverschmutzung zur Folge und steigert die Kosten für die Abwasserreinigung und unsere Trinkwasseraufbereitung.
- Das Kohlestoffdioxid in der Atmosphäre, also das CO2, welches für den Klimawandel mitverantwortlich ist, wird vom Boden schlechter fixiert und bleibt in unserer Luft hängen.
Zudem bedeutet die Versiegelung von Flächen auch immer ein Verlust unterschiedlichster Lebensräume für Tiere und Pflanzen, die auf ganz bestimmte Habitate angewiesen sind. Oft werden dabei auch Lebensräume zerschnitten und damit Tierpopulationen isoliert, was wiederum zu deren Auflösung oder Inzucht führen kann.
Doch die Good News schon Mal vorweg: Wir können zu jedem dieser Punkte selbst etwas unternehmen!
Der Boden arbeitet für uns – wenn wir ihn nicht versiegeln
Versiegelte Flächen kommen hauptsächlich im Siedlungsgebiet vor. Zwischen 1985 und 2009 ist die Ausbreitung der Siedlungsfläche und damit die Ausbreitung unserer Böden, auf denen wir so stehen, um die Fläche des Genfersees angestiegen. Gesamtschweizerisch bedecken Siedlungsflächen ca. 8 % des Bodens und das, obwohl unser Land zur Hälfte aus Bergen und Seen besteht. Kein Wunder ist die Schweiz eines der am stärksten besiedelten Länder Europas.
Ein versiegelter Boden kann seine gratis Dienstleistungen für den Menschen, die Tiere und Pflanzen nicht oder nur schlecht erbringen. Der Boden erfüllt diverse Funktionen wie:
- Lebensraumfunktion: Der Boden dient als Lebensraum für unzählige Organismen - sowohl im und auf dem Boden.
- Regulierungsfunktion: Im Boden werden diverse Stoffe wie Wasser, organisches Material, Schadstoffe oder Metalle aufgenommen. Somit übernimmt der Boden wichtige Filter-, Puffer und Speicherfunktionen.
- Produktionsfunktion: Auf den Böden wachsen Pflanzen, diese wiederum sind eine wichtige Nahrungsquelle für uns und unsere Tiere.
- Trägerfunktion: Unsere Infrastruktur und unsere Gebäude sitzen auf oder im Boden.
- Rohstofffunktion: Im und unter dem Boden verstecken sich wichtige Rohstoffe.
- Archivfunktion: Da der Boden so alt ist (für die Produktion von einem Zentimeter Boden braucht es 100 Jahre) gibt er uns Hinweise zu unserer Natur- und Kulturgeschichte.
Hitze in der Stadt – Lösungsansätze
Wo möglich Entsiegeln: Am besten wäre es natürlich in jeder Hinsicht, wenn wir gar nicht mehr so viele versiegelte Flächen hätten. Schaut euch doch bei euch zuhause kritisch um. Wie viele Flächen sind versiegelt? Dürften es beim Sitzplatz nicht auch einige wenige und kleinere Platten mit grossen Abständen dazwischen sein? Und müssen Parkplätze oder gar Quartierstrassen wirklich aus Asphalt bestehen? Eine Untersuchung aus dem Länggassquartier in Bern zeigt, dass die Akzeptanz von Kiesstrassen bei den Anwohnern sehr hoch ist.
Wer tatsächlich etwas gegen die Versiegelung tun will, entscheidet sich am besten für die Arbeit mit dem Presslufthammer, das geht viel einfacher und man kann ihn schon für 25 CHF am Tag mieten. Nachdem die versiegelte Oberfläche abgetragen und korrekt entsorgt wurde, sollte der Boden noch aufgelockert werden, damit er mehr Wasser aufnehmen kann.
Wasseraufnahmekapazität: Generell gilt: Je mehr Wasser ein Boden aufnehmen kann, desto besser. Um diese Kapazität zu steigern, darf man durchaus auch etwas tricksen: Das Dokument «Wohin mit dem Regenwasser» vom Bundesamt für Umwelt illustriert mit einfachen Beispielen, wie man auf verschiedene Arten von Flächen wie im Garten, auf dem Parkplatz oder auf dem Dach Wasser zurückhalten und langsam versickern lassen kann.
Wohin mit dem Regenwasser - Beispiele aus der Praxis BAFU
Verdunstung wirkt als Klimaanlage: Eine 150-jährige Buche verdunstet pro Tag ca. 500 Liter Wasser. Beim physikalischen Prozess der Verdunstung wird der Umgebungsluft Energie entzogen – sie kühlt ab. Zudem spenden Bäume Schatten, was wiederum den umliegenden Boden vor Hitze schützt und angenehme Erholungsplätze schafft.
Wer wirklich keinen Boden zur Verfügung hat, der kann die Fläche auf dem Dach oder der Fassade wiedergutmachen. Bei einer Fläche von mehreren 100 Quadratmetern wirkt sich eine Dachbegrünung auch auf die umgebende Bodentemperatur kühlend aus. Kleinere Flächen schaffen neuen Lebensraum für Pflanzen und Tiere und bieten dem Menschen eine angenehme Erholungsoase. Übrigens, Dachbegrünungen wirken sich regulierend aufs Innenraumklima aus.
Aufklärungsarbeit: Zwischen baulicher Verdichtung und dem Verlust von Grünfläche besteht keine Korrelation. Das fand eine Bachelorarbeit der ZHAW heraus. Solange bei der Planung die ökologische Aufwertung auch eine zentrale Rolle spielt, kann eine Verdichtung sogar eine Chance für unsere Städte sein. Solche Nachforschungen nehmen uns die Furcht davor, mutige neue Lösungsansätze zu finden und auszuprobieren. Indem wir das Gespräch mit unseren Mitmenschen, unseren Vermietern oder unserer Gemeinde suchen und über Biodiversität, Hitze in der Stadt und Versiegelung sprechen, leisten wir einen Beitrag zu der Veränderung in unserer Raumplanung.